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Ambiente
Hunan - der gläserne Drache am Felsen
Die Natur und ihre mannigfachen Erscheinungen spielen in der chinesischen Philosophie eine große Rolle. Die Natur diente stets auch als Refugium vor politischen Wirren und dem mühsamen Staatsdienst. Bereits im alten China begaben sich Mönche in entlegene Bergregionen und errichteten Klöster auf Felsen, die sie nur über abenteuerliche Steilhänge oder selbstgebaute Stege erreichen konnten. Solche oft windschiefen Stege können Reisende noch heute in der südchinesischen Provinz Hunan erklimmen. Die Tourismusbehörde von Hunan will Gästen aber mehr bieten als natürliche Natur und Reminiszenzen an alte monastische sowie adelige Gebräuche.
18. September 2022, 02:00
So unglaublich die bizarren Bergformationen, Höhlen und Wasserfälle im Wulingyuan-Nationalpark auch sein mögen: Was heute die chinesischen Massen anlockt, ist mit modernster Technik realisiert worden - wie etwa die 385 Meter lange Glasbrücke über einen fast 300 Meter tiefen Canyon. Als die Brücke 2016 eröffnet wurde, war sie die höchste und längste Glasbrücke der Welt: In China legt man großen Wert auf ständig neue Superlative.
In den Bergen nahe der Stadt Zhangjiajie führt der Weg nur selten über natürliches Gelände. Wander- und Kletterpfade gibt es, versichert die Führerin, doch die könne man den durchschnittlichen Reisenden nicht zumuten. Die lockt man lieber auf den "Coiling Dragon Cliff Skywalk" - einen direkt am senkrecht abfallenden Felsen angebrachten gläsernen Skywalk namens "sich windender Drache". 100 Meter ist der Skywalk lang, etwa 1,60 Meter breit, und natürlich mit einem Geländer versehen. Selten erlebt man einen derart spektakulären Ausblick - direkt durchs Glas in die Tiefe oder vorsichtig übers Geländer hinunter.
Eine besondere Attraktion ist das Tianmen - das Himmelstor, eine von der Natur geschaffene riesige Öffnung hoch oben in den Felsen. Um möglichst vielen Menschen den Weg zum Tianmen zu ermöglichen, hat man Dutzende Rolltreppen in die Berge hinein gebaut. Während man im Inneren der Berge auf und ab fährt, kann man an den Wänden Bilder von Mountainbikern und Kletterern betrachten. Manche Fotos suggerieren auch die Einsamkeit und Stille, die man erleben könnte, wenn man sich auf eine Wanderung auf natürlichen Pfaden begeben würde - anstatt im Gefolge tausender anderer Menschen Rolltreppe zu fahren. Spirituelle Verdienste erwirbt man auf die bequeme Tour aber nicht. Da muss man schon zu Fuß die 999 Stufen bewältigen, die von einem per Bus erreichbaren Platz zum Himmelstor führen. Wenn man es hinauf nicht schafft, dann sollte man zumindest die Stufen hinuntersteigen.
Das Himmelstor bietet den Hintergrund für außergewöhnliche Werbung.
Auch für die Abendunterhaltung der Gäste ist gesorgt. Im Xiangxi Theater zeigt man - wie so oft in den Provinzen - Tänze und Musik der Minderheiten, in diesem Fall der Miao, Bai, Dong und Tujia, aber auch akrobatische Kunststücke.

Die Mao-Statue auf der Orangeninsel bei Changsha.
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Deutlich ruhiger geht es in der Yuelu-Akademie in Changsha, der Hauptstadt von Hunan, zu. In der langen chinesischen Geschichte wurden tausende solcher Akademien errichtet. Yuelu, die 976 gegründet wurde, zählte zu den angesehensten. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Yuelu in ein College der Hunan-Universität umgewandelt. In der Anlage mit ihrer zentralen Achse, der Lehrhalle und der kaiserlichen Bibliothek, Tempel und Gedenkhallen ist aber bis heute der Geist des Konfuzius zu spüren, des bedeutenden Philosophen, der vom sechsten bis zum fünften Jahrhundert vor Christus gelebt haben soll. An Bambus und anderen Gewächsen reiche Gärten laden zum Entspannen und ruhigen Studieren ein.
Gestaltung
- Brigitte Voykowitsch