ORF/URSULA HUMMEL-BERGER
Dezember 2022
Javier Marías, "Tomás Nevinson"
Javier Marías‘ Roman "Tomás Nevinson" ist das Ö1 Buch des Monats.
26. Juni 2023, 10:20
"Tomás Nevinson" des kürzlich verstorbenen spanischen Schriftstellers Javier Marías ist ein Roman über Spionage und Geheimdienste, ohne ein Thriller zu sein. Um Action und Tempo geht es hier nicht, sondern um moralische Fragen. Etwa: darf man einen Mörder töten? Einen Mann, der als Diktator millionenfachen Tod über Europa bringen wird?
Es geht aber auch um Geheimdienste, um das seltsame Leben eines Agenten, der immer wieder in neue Identitäten schlüpft und Gefahr läuft, sich dabei zu verlieren, es geht um Vertrauen und Täuschung, um Verrat, um Lüge und um Wahrheit, um Schuld und Unschuld, um Gerechtigkeit, was das eigentlich ist und ob es sie überhaupt gibt.
"Tomás Nevinson" ist ein 700 Seiten dicker Roman, der vor allem vom Monolog des Protagonisten lebt, von dessen Überlegungen, von seinen Gewissenskonflikten, von seinen gespaltenen Loyalitäten, von seiner Befürchtung, Unschuldige zu töten. All das so zu gestalten, dass es keine Längen gibt, dass man all dem wirklich gebannt weiter folgt, ist die große Kunst Javier Marías. Er hat einen faszinierenden Roman geschrieben, der die Leser lange nicht mehr loslässt.
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Javier Marías, "Tomás Nevinson ", Roman, Übersetzung: Susanne Lange, S. Fischer Verlag