Buch des Monats

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Jänner 2023

Diego Viga, "Die Unpolitischen"

Diego Vigas Roman "Die Unpolitischen" ist das Ö1 Buch des Monats.

Eine Wiederentdeckung gilt es hervorzuheben: den Roman "Die Unpolitischen" von Diego Viga. Hinter diesem Namen verbirgt sich der österreichische Mediziner und Schriftsteller Paul Engel, der 1938 vor den Nazis nach Kolumbien floh und nicht mehr zurückkehrte. 1969 erschien der Roman in einem DDR-Verlag, was damals in Österreich kein Vorteil war. Deshalb blieb er hierzulande weitgehend unbekannt.

Die im Titel angesprochenen "Unpolitischen" ist ein jüdischer Freundes- und Bekanntenkreis, junge Leute, die Anfang der dreißiger Jahre in Wien und in Berlin leben und die Gefahr des Nationalsozialismus nicht sehen oder sehen wollen. Diego Viga zeichnet als Folge dieser Blindheit unterschiedliche Schicksale nach: Emigration, Konzentrationslager, Selbstmord. Keiner wird verschont, weil er oder sie sich nicht für Politik interessieren.

Diego Viga ist ein genauer, präziser, detailgetreuer Erzähler, der seine Leser nicht einfach mit Schicksalen konfrontieren, sondern der, soweit es möglich ist, die Leser mitfühlen lassen will. Herausgeber Erich Hackl bezeichnet Viga im Nachwort als "den großen Unbekannten der österreichischen Exilliteratur". Und man kann nur hoffen, dass es nicht dabei bleibt, denn dieses Buch ist so beeindruckend, weil es den Lesern diese Zeit und die Gedankenwelt der Figuren schmerzlich nahe bringt.

Service

Diego Viga: "Die Unpolitischen", Roman, herausgegeben von Erich Hackl, Edition Atelier, 693 Seiten