Eine brennende Weltkugel vor der europäischen Zentralbank.

APA/DPA/BORIS ROESSLER

Radiokolleg | 09 01 2023 - 12 01 2023

Raus aus der Klima Bubble

Wird das 1,5 Grad Ziel nicht eingehalten, leiden zukünftig vor allem sozial benachteiligte und vulnerable Bevölkerungsgruppen unter den Folgen der Klimakrise.

Warum ist der Diskurs über die Klimakrise elitär?

2019 erregte die Klimabewegung durch ihre Mobilisierungskraft Aufmerksamkeit. Damals protestierten allein in Österreich 150.000 Menschen. Mittlerweile sorgen Klimaaktivist:innen mit zivilem Ungehorsam für Schlagzeilen. Während sich immer mehr Menschen Sorgen um die finanzielle Bewältigung von Heiz- und Lebenskosten machen, bewerfen Aktivist:innen wertvolle Gemälde mit Tomatensuppe. Damit drängt sich auch in der Bildsprache die Frage auf: Ist der Diskurs über die Klimakrise elitär?

Klimafreundlich ist nicht immer klassenfreundlich

Die Überlegungen beginnen bereits beim Arbeitsplatz. Viele Menschen sind gezwungen, klimaschädliche Jobs, etwa in der Stahlindustrie, anzunehmen. Ein anderes Beispiel ist die fehlende Infrastruktur im ländlichen Raum, die dazu führt, dass Arbeiter:innen auf ihr Auto angewiesen sind. Das Dilemma zwischen Klimafreundlichkeit und Klassenfreundlichkeit trifft auch die Ernährung und das Wohnen. Denn ökologisch nachhaltige Lebensmittel und klimaneutrales Wohnen muss man sich leisten können. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass Produkte, die bisher nachhaltig und leistbar waren, wie Secondhand Kleidung, durch eine steigende Nachfrage teurer werden.

Verantwortung übernehmen in der Klimakrise

Geht's der Wirtschaft gut, geht's allen gut. Der Mythos, Klimaschutz koste Arbeitsplätze, wurde sowohl von Unternehmer:innen als auch Arbeitnehmer:innen verinnerlicht. Auch Erzählungen wie jene, dass Produkte nachhaltiger werden, wenn Konsument:innen diese fordern würden, prägen den Klimadiskurs in Österreich und lenken von der Dringlichkeit zu handeln ab. Eine kommunikative Aufarbeitung dieser Fehleinschätzungen und konstruktiver Journalismus könnten hingegen neue Handlungsmöglichkeiten anbieten. Diese sind laut dem Umweltpsychologen Sebastian Seebauer essenziell, um sich von Katastrophen nicht überrollt, sondern selbstwirksam zu fühlen und die Motivation für klimafreundliches Verhalten zu steigern.

Wie kann die Klimabewegung den Klassismus überwinden?

Das 1,5 Grad Ziel kann nur gemeinsam erreicht werden. Und dazu gehören auch die rund 2.15 Mio. armutsbetroffenen, -gefährdeten und einkommensschwachen Menschen in Österreich. Sie sollen nicht nur in der Klimapolitik mitgedacht werden, sondern selbst Platz am Verhandlungstisch nehmen können. Dazu braucht es Bildung und Solidarität. Das Kollektiv "Bildung für utopischen Wandel" bietet etwa Schul-Workshops über Klima und Klassismus an. Wie Klimaaktivist:innen Arbeiter:innen unterstützen können, sah man in München. Die beiden Gruppen protestierten gemeinsam gegen die Entlassung von 250 Fabriksangestellten und forderten eine Umstellung des Werks auf klimafreundliche Produkte.

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