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Radiokolleg
Wertewandel in der Arbeitswelt
Es gibt einen Wertewandel in der Arbeitswelt. Diese Veränderung spüren wir schon seit Jahren, aber was bedeutet das genau? Viele Arbeitnehmer:innen legen heutzutage großen Wert darauf, dass die Werte des Unternehmens oder der Organisation, bei der sie angestellt sind, mit den eigenen übereinstimmen.
28. Mai 2023, 02:00
„Ich glaube, dass Gesellschaft und Arbeitswelt sich einfach nicht voneinander trennen lassen“, sagt die Arbeitspsychologin Daniela Reiter. Ein Generationenkonflikt sei Teil dieses Wandels, aber nicht der einzige Auslöser. Die Psychologin berät sowohl Einzelpersonen als auch Organisationen und Unternehmen bei allen Fragen, die das Arbeitsleben betreffen.
Der jüngeren Generation werde das Streben nach einer ausgeglichenen Work-Life-Balance oft zum Vorwurf gemacht, erzählt sie. „Gerade jüngere Menschen sagen klar, dass es etwas außerhalb der Arbeit gibt, wofür sie Zeit, Energie und Ressourcen brauchen und deshalb eine 40- oder 60-Stunden-Woche für sie nicht infrage kommt.“
Das Problem der Bewertung der Arbeit
Grundsätzlich sieht Reiter ein Problem darin, wie wir Arbeit bewerten. So wird zum Beispiel klassische Erwerbsarbeit immer noch am höchsten angesehen, dabei ist die sogenannte Care-Arbeit genauso notwendig. Care-Arbeit, also Sorgearbeit, beschreibt bezahlte und vor allem unbezahlte Tätigkeiten der Fürsorge, unter anderem Kindererziehung, Hausarbeit und Altenpflege. Diese Arbeit wird überwiegend von Frauen gemacht. Zudem wird unbezahlte Sorgearbeit wie Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen oft nicht als Arbeit wahrgenommen und dementsprechend auch nicht ausreichend honoriert.
Problematisch ist das vor allem deshalb, weil Personen, die diese unbezahlte Sorgearbeit leisten, oft in ihrer Erwerbsarbeit teilzeitangestellt sind. Das führt dazu, dass Personen, die Sorgearbeit leisten, eine geringe Pension bekommen, obwohl sie für die Gesellschaft wichtige Aufgaben übernommen haben. „Das muss sich ändern“, sagt Reiter.

APA/DPA/KARL-JOSEF HILDENBRAND
Aktuelle Probleme
Mit Veränderungen in der Arbeitswelt beschäftigt sich auch Sara Weber in ihrem Buch „Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?“ (Kiwi-Verlag, Köln 2023). Die deutsch-amerikanische Journalistin und Medienberaterin lebt in München, ist Millennial und schwarz. Ihr Buch zeigt die Zusammenhänge zwischen aktuellen Problemen der Arbeitswelt, wie zum Beispiel Kündigungswellen, und Burn-out. Es wird klar, diese Probleme sind systemischer Natur und brauchen kreative Lösungen. Ein wichtiger Aspekt ist laut Weber die Reduktion der Arbeitszeit. Die 40-Stunden-Woche sei schon lang nicht mehr zeitgemäß.
Arbeitskämpfe
Die Veränderung in der Arbeitswelt lässt sich also nicht mehr aufhalten. Die Gen Z hat keine Lust, sich kaputtzuarbeiten, denn das entspricht schlicht nicht den Werten dieser Generation. Natürlich können wir diese Arbeitsverweigerung als egoistisch bewerten, aber vielleicht ist sie das gar nicht. Vielleicht wollen Jüngere so nicht weitermachen, weil sie bei ihren Eltern gesehen haben, wozu ständiges Arbeiten führt. Die Gen Z hat nach so viel technologischem Fortschritt auch andere Ressourcen zur Verfügung als die Generationen vor ihr. Das Konzept der 40-Stunden-Woche ist fast 50 Jahre alt. Möglicherweise hat jede Generation ihre eigenen arbeitsrechtlichen Kämpfe auszufechten.
Gestaltung: Yuria Knoll