"I vespri siciliani“ (2012) - Männer auf einer die Bühne füllenden Treppe

WIENER STAATSOPER/MICHAEL PÖHN

Opernabend

"I vespri siciliani" live aus Wien

Die Wiederaufnahme von Giuseppe Verdis großer Oper live aus der Wiener Staatsoper. Mit Igor Golovatenko (Guido di Monforte), John Osborn (Arrigo), Erwin Schrott (Giovanni da Procida), Rachel Willis-Sorensen (Herzogin Elena) u.a. Chor und Orchester der Wiener Staatsoper; Dirigent: Carlo Rizzi.

Der große Giuseppe Verdi gab sich erstaunt, als 1882 die von Gaetano Donizetti unvollendet hinterlassene Oper "Il duca d’Alba" postum zur Uraufführung kam. Er, Verdi, habe nicht gewusst, dass Eugène Scribe, der berühmte Librettist, für seine Oper "I vespri siciliani" auf ein bereits vertontes Opernbuch zurückgegriffen habe. Musikforscherinnen und Musikforscher haben indes belegt, dass Verdi sehr wohl die Geschichte des Librettos gekannt haben dürfte, dass er es sogar erst dann akzeptierte, als der Librettist bereit war, den Schauplatz der Handlung zu verlegen und einen fünften Akt hinzuzufügen.

Im Grunde war das Buch um den Herzog von Alba, der zur Zeit der spanischen Besatzung der Niederlande als Statthalter in Flandern von 1567 bis 1573 ein Schreckensregiment geführt hatte, nicht einmal ein originales Libretto für Donizetti gewesen: Eugène Scribe hatte es zuerst Fromental Halévy angeboten. Nach dessen Ablehnung ging es an Donizetti, der sich 1838/39 intensiv dem Projekt widmete, es dann aber doch unvollendet zur Seite legte.

Eine höchst menschliche Geschichte

Für eine Auftragskomposition der Pariser Oper trat dann Verdi an Eugène Scribe heran - und bekam das noch immer nicht verwertete Buch präsentiert. Auf Wunsch des Komponisten wurde aus der Rebellion der Niederländer gegen die Spanier der sizilianische Aufstand gegen die französischen Besatzer von 1282, wobei die historischen Ereignisse für Verdi mehr ein Rahmen für eine höchst menschliche Geschichte waren, in diesem Fall eine problematische Vater-Sohn-Beziehung. Trotz widriger Umstände ist es im Juni 1855 zur Pariser Uraufführung von "Les vêpres siciliennes" gekommen. Wenn man in der Literatur oft das pauschale Urteil liest, Verdi habe in der französischen Hauptstadt kein Glück mit seinen Werken gehabt, so ist dies mit Vorsicht zu genießen.

Komponistenkollegen wie Adolphe Adam und Hector Berlioz sprachen angesichts der neuen Verdi-Oper von einer bemerkenswerten Schöpfung; darüber hinaus war aber vor allem der Andrang des Publikums so groß, dass weit mehr Vorstellungen gegeben werden konnten, als im Vertrag mit dem Komponisten vereinbart waren. Und immerhin wurde die im Original französische Oper sogleich ins Italienische übersetzt und noch im Winter 1855/56 in Parma und Mailand gespielt.

In Wien nie Repertoirestück

1857 hat die Wiener Erstaufführung der Sizilianischen Vesper im Kärntnertortheater stattgefunden, wie überall ist die Oper aber auch in Wien nie ein wirkliches Repertoirestück geworden: 1878/79 einige wenige Aufführungen im Wiener Hofoperntheater am Ring - und danach erst 1998 eine Neuproduktion in der Staatsoper. Diese Inszenierung auf einer monumentalen, die ganze Bühnenbreite füllenden Treppe kehrt jetzt nach über elfjähriger Absenz vom Spielplan ins Repertoire der Wiener Staatsoper zurück.

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