
APA/GEORG HOCHMUTH
1944-2024
Ungarischer Komponist Peter Eötvös ist gestorben
Der ungarische Komponist und Dirigent Peter Eötvös ist tot. Er starb gestern im Alter von 80 Jahren in Budapest, teilte der Musikverlag Schott Music unter Berufung auf die Familie des Künstlers mit. Mit Eötvös "verliert die Musikwelt einen der meistgespielten Opernkomponisten unserer Zeit", heißt es in der Mitteilung.
25. April 2024, 02:00
Geboren wurde Peter Eötvös am 2. Jänner 1944 in Odorheiu Secuiesc im heutigen Rumänien, wo sein Vater im Zweiten Weltkrieg als Soldat stationiert war. Bei seinem Sohn, dessen Mutter Pianistin war, war der Wunsch nach dem Musikschaffen indes schon sehr früh angelegt. Im Alter von 14 Jahren nahm ihn der große ungarische Komponist Zoltan Kodaly dann als Schüler an der Budapester Franz-Liszt-Musikakademie auf, eine Ausbildung, die er 1963 mit Diplom abschloss.
Schon zwei Jahre zuvor, 1961, als Juri Gagarin als erster Mensch ins All flog, hat das neben vielen anderen den Musikstudenten Eötvös so stark beeindruckt, dass dieser spontan sein Opus No. 1 niederschrieb - das Klavierstück "Kosmos". Und die kosmischen Klangwelten sollten auch die weitere Karriere eines der erfolgreichsten zeitgenössischen Komponisten bestimmen.
Enge Kontakte zu Stockhausen und Boulez
Als Eötvös 1966 sein Dirigierstudium in Köln abschloss, hatte seine Laufbahn als Komponist bereits Fahrt aufgenommen. Bereits als Student hatte Eötvös Auftragskompositionen für den Film und manch Budapester Theater geschrieben. Auch in Deutschland fand der junge Ungar alsbald Anschluss an die Neue-Musik-Szene, die damals in Köln von Karlheinz Stockhausen dominiert wurde, der ihn 1968 in sein Ensemble aufnahm. Auch arbeitete Eötvös in den 1970ern beim Studio für Elektronische Musik des Westdeutschen Rundfunks.
Der nächste große Karriereschritt im Dirigentenfach erfolgte 1979, als ihn Pierre Boulez zum Leiter des von ihm gegründeten Ensembles Intercontemporain machte. Diese Position bekleidete er bis 1991.
Internationaler Durchbruch mit Tschechow-Adaption
Als Opernkomponist gelang Peter Eötvös dann 1998 der internationale Durchbruch, als er seine Tschechow-Adaption "Drei Schwestern" in Lyon zur Uraufführung brachte. Den Handlungsstrang des Stücks fokussierte er dabei auf den Aspekt Abschied und die Titelpartien besetzte er mit Countertenören.
Besonders in Österreich und Deutschland hat sich Eötvös als Fixpunkt in den Spielplänen der Konzerthäuser und Musiktheater etabliert. Zu seinem umfangreichen Œuvre zählen unter anderem vierzehn Opern und Musiktheaterstücke, aber auch zahlreiche Orchesterstücke mit Titeln wie "Psychokosmos" (1993), "Seven - Memorial for the Columbia Astronauts" (2006), "Multiversum" (2017) oder "Ligetidyll" aus 2022 zu Ehren von György Ligeti. 110 Werke listet der Komponist insgesamt aus seiner Feder.
Popularität durch zugängliche Stilistik
Seine Popularität hat der Komponist mit seiner zugänglichen Stilistik erreicht, in der sich Klänge zu Teppichen verweben, Tonkaskaden auf den Zuhörer niederstürzen oder einzelne Töne durch den Raum vibrieren, bevor sie ersterben. Bei vielen seiner Arbeiten spürt man die Tradition der Volksmusiken Ungarns und des Karpatenbeckens heraus.
Neben der Komposition und dem Dirigieren etablierte Eötvös schon sehr früh ein drittes Standbein: das des Lehrers. So war er an den Musikhochschulen in Köln und in Mannheim tätig und hielt bis zuletzt Meisterkurse ab. Die von ihm gegründete Peter-Eötvös-Stiftung für Zeitgenössische Musik fördert überdies junge Komponisten, Dirigenten, Musiker, Musikwissenschafter und Dramaturgen.
Text: apa/red