Mural

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Kunstbiennale

Venedig im Wandel

Die Kunstbiennale in Venedig hat ihre Tore geöffnet und ist dabei so bunt und divers wie noch nie. Der Kurator der Hauptschau, der Brasilianer Adriano Pedrosa, hat 330 Künstler und Künstlerinnen aus zahlreichen Ländern - nicht zuletzt des Globalen Südens - eingeladen. Daneben sind mehr als 80 Länder mit eigenen nationalen Beiträgen Teil der Biennale und auch dort fügen sich die individuellen Kuratierungen oft mehr als schlüssig in das von Pedrosa ausgegebene Generalmotto "Fremde überall" ein.

Rundgang

„Fremde überall“ so könnte man das Thema der 60. Kunstbiennale in Venedig übersetzen, das lautet „Stranieri Ovunque – Foreigners Everywhere“. Die Biennale wird von dem aus Sao Paulo stammenden Adriano Pedrosa kuratiert, dem ersten Kurator, der in einem Land des globalen Südens lebt, gleichzeitig ist er der erste queere Kurator der Kunstbiennale in Venedig.

Sabine Oppolzer

Die Länderpavillons

Sabine Oppolzer hat sich in Venedig umgesehen und stellt die ihrer Ansicht nach sehenswertesten Pavillons in den Giardini vor.

Die Goldenen Löwen

Was die Biennale beim Betreten der Giardini verspricht, hält sie nun auch bei der Preisverleihung. Indigene Künstlerinnen und Künstler haben bei der offiziellen Eröffnung die wichtigsten Preise erhalten. Bei der Preisverleihung wurden der Australier Archie Moore und die neuseeländische Künstlerinnengruppe Mataaho Collective von der internationalen Jury mit zwei Goldenen Löwen ausgezeichnet. Bei ihren Arbeiten beschäftigen sie sich mit der Geschichte und den Traditionen der Ureinwohnerinnen und Ureinwohner Australiens und Neuseelands. Insbesondere das Gefühl des Fremdseins, das Indigene in ihren eigenen Ländern häufig verspüren, nimmt bei ihnen eine herausragende Stellung ein.

  • Australischer Pavillon

    Goldener Löwe: Im australischen Pavillon beschäftigt sich Archie Moore unter dem Titel „kith and kin“ („Freunde und Familie“) mit der Geschichte der Aborigines, zu denen er selbst gehört: An Wänden und Decke der Ausstellung ist handschriftlich mit Kreide ein Stammbaum aufgezeichnet.

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  • Figuren aus Glasperlen

    Jeffrey Gibson ist in der 90-jährigen Geschichte des US-amerikanischen Pavillons der erste indigene Künstler, der ihn in einer Soloshow bespielt. Als queere Angehörige der Mississippi Choctaw-Cherokee hat er den Pavillon in Neonfarben mit Mustern bemalt, die an traditionelle autochthone Ornamente erinnern.

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  • Vogelskulptur

    Das kongolesische Kollektiv CATPC bespielt den Pavillon der Niederlande. Seine Skulpturen aus Ton, Schokolade und Palmöl beziehen sich auf ausbeuterische Produktionsverhältnisse. Mit den Erlösen aus dem Verkauf solcher Skulpturen hat das Kollektiv schon 200 Hektar in der Republik Kongo zurückgekauft, auf denen es mit über 50 Mitgliedern ein Auskommen findet.

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  • Projektile

    Indigene Kunst auch im Pavillon Brasiliens, der mittlerweile den ursprünglichen Namen Brasiliens - Hãhãwpuá - angenommen hat.

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  • Theaterroben

    Im Pavillon der Nordischen Staaten bringen die Konzeptkünstlerin Lap-See Lam (Schweden), Komponist Tze Yeung Ho (Norwegen) und Textilgestalterin Kholod Hawash (Finnland) "The Altersea Opera" zur Aufführung, die sich auf einen alten kantonesischen Stoff bezieht.

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  • Bunte Säulen

    Insgesamt ergeben die Präsentationen der zahlreichen marginalisierten Völker ein buntes Kaleidoskop, dessen einzelne Bestandteile aber oft den historischen Kontext vernachlässigen. Hier die Arbeit "Bambus" des brasilianischen Künstlers Ione
    Saldanha.

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  • Soldat vor Israels Pavillon

    Im israelischen Pavillon zeigt Ruth Patir ihre Videoinstallation "(M)otherland". Zu sehen ist ihre Arbeit, wie ein Plakat am Eingang ankündigt, aber erst, wenn im Gaza-Streifen Waffenstillstand herrscht und die Hamas die israelischen Geiseln freigelassen haben wird.

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  • Blaudruck

    Die 2009 in Nigeria verstorbene gebürtige Grazerin Susanne Wenger ist neben Leopold Strobl, Oliver Ressler und Greta Schödl eine der vier österreichischen Positionen, die Kurator Adriano Pedrosa für die Hauptschau ausgewählt hat.

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  • Gruppenbild

    Gruppenbild mit Präsident bei der Eröffnung des Österreich-Pavillons: Balletttänzerin Oksana Serheieva, Protagonistin Anna Jermolaewa, Landtagsabgeordnete Ursula Berner (Grüne), Doris Schmidauer und ihr Mann, Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Musiker Hubert von Goisern, Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) und Kuratorin Gabriele Spindler (v.l.n.r.)

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  • Anna Jermolaewa

    Anna Jermolaewa beim Rundgang mit Bundespräsident Van der Bellen

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  • Anna Jermolaewa in einer Telefonzelle

    Anna Jermolaewa in einer "ihrer" Telefonzellen

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  • Mural

    Die Biennale bietet immer auch die Gelegenheit, Teile Venedigs zu sehen, die an sich nicht öffentlich zugänglich sind, etwa das Frauengefängnis auf Giudecca - hier mit einem Mural von Maurizio Cattelan. Achtung: persönliche Anmeldung erforderlich: +390639967444

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  • Kirche

    Ganz im Nordwesten der Stadt bietet der Beitrag Estlands die Gelegenheit, die seit mehr als 15 Jahren nicht mehr zugängliche Kirche Santa Maria delle Penitenti zu besichtigen. Edith Karlson stellt dort zum Teil riesige Skulpturen aus und erfüllt den Raum mit einer stimmigen Klanginstallation.

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  • Karteikarten

    Für den kroatischen Beitag hat Vlatka Horvat den denkbar analogsten Zugang gewählt. Sie kontaktierte Dutzende Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt mit der Bitte um eine Zeichnung - einzige Bedingung: die Arbeiten durften nur von Hand zu Hand gereicht bis nach Venedig gelangen. Horvat revanchiert sich mit Collagen, die während der Biennale entstehen. Die Ausstellung ist somit in permanentem Fluss.

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  • Neonschild

    Das Motto der Kunstbiennale prangt an mehreren Stellen und zahlreichen Sprachen in greller Neonschrift. Noch zu sehen bis 24. November 2024.

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Der österreichische Pavillon

Der 2024 von Gabriele Spindler kuratierte Österreich-Auftritt stellt die in Russland geborene, seit 1989 in Wien lebende und in Linz lehrende Künstlerin Anna Jermolaewa ins Zentrum.

Blumenvasen

Im linken Flügel des Josef-Hoffmann-Pavillons zeigt Anna Jermolaewa ihre "The Penultimate" genannte Serie aus Pflanzenarrangements und erinnert damit daran, wie viele Aufstände und Revolutionen Pflanzen als Symbol hatten - von der Nelkenrevolution 1974 in Portugal bis zur Lotusrevolution 2011 in Ägypten.

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Videoinstallation

Im rechten Flügel des Österreich-Pavillons probt die ukrainische Balletttänzerin und Choreografin Oksana Serheieva „Schwanensee“ – auf Video und immer wieder live. Anna Jermolaewa dazu: "Das ist Teil eines kollektiven kulturellen Gedächtnisses: Wenn Tschaikowskys 'Schwanensee' im Loop im sowjetische Fernsehen zu sehen war, wussten alle: Jetzt ist etwas Bedeutendes im Gange." Das sei beim Tod von Parteiführern wie Breschnew oder Andropow ebenso der Fall gewesen wie 1991 beim Augustputsch in Moskau. Heute "Schwanensee" zu proben, heißt also, sich für den Tag X bereit machen, der den nächsten Umbruch bedeute: weg von Putin.

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Videobildschirm

In einem kleineren Raum ist Jermolaewas Videoarbeit "Research for Sleeping Positions", für die sie 2006 auf einer Sitzbank auf dem Wiener Westbahnhof, wo sie 17 Jahre zuvor als Neuankömmling ihre Nächte verbrachte, zu schlafen versuchte (in der Zwischenzeit hatte man die Bänke jedoch bewusst besonders unbequem gemacht).

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Schallplatten

"Ribs" zeigt eine Auswahl gebrauchter Röntgenfolienaufnahmen, die in der Sowjetzeit als Tonträger für verbotene Musik dienten. Einmal täglich wird eine Aufnahme dieser "Musik auf Knochen" tatsächlich auf einem Plattenspieler abgespielt. Die dazu passende Playlist ist an der Wand zu sehen.

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Telefonzellen

Im Hof schließlich sind sechs ausrangierte österreichische Telefonzellen aus dem Flüchtlingslager Traiskirchen aufgestellt. Jermolaewa selbst hat von einer dieser Zellen 1989 ihre Verwandten in Sankt Petersburg angerufen, um ihnen zu sagen, dass sie gut in Wien angekommen ist.

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Ersan Mondtag: Die Erde Anatoliens

"Ich denke immer von den Räumen aus, wenn ich ein Stück entwickle", sagt der deutsche Bühnenbildner und Regisseur Ersan Mondtag, der für seine mitunter surreal anmutenden Bühnenbilder berühmt ist. 2018 begeisterte Mondtag mit seiner Inszenierung der "Orestie" das Publikum der Wiener Festwochen. Nun bespielt Ersan Mondtag den Deutschen Pavillon auf der Kunstbiennale in Venedig. In einer begehbaren Installation, die live von fünf Performer:innen vermessen wird, erinnert Mondtag an die Migrationsgeschichte seines Großvaters. Dieser verließ in den 1960er Jahren seine Heimat in Anatolien und kam als Gastarbeiter nach Deutschland. Den Eingang des Deutschen Pavillons, dessen wuchtige neoklassizistische Architektur aus dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte stammt, ließ Mondtag mit Erde aus Anatolien zuschütten. Mit seinem Beitrag öffnet Ersan Mondtag ein großes Assoziationscluster, das sich den Spielarten des Fremdseins nähert.

Christine Scheucher

Erde

Erde aus Anatolien

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Die Kunstbiennale in Venedig ist weltweit eine der wichtigsten Präsentationen zeitgenössischer Kunst. Die Ausstellung ist bis zum 24. November 2024 geöffnet.

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topos.ORF.at

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Kunst-Biennale Venedig

Text: APA/red./JS