Kuh in den Alpen

ORF/JOHANNES KAUP

Radiokolleg | 23 - 26 09 2024

Alpine Visionen - Geschichte und Zukunft des Alpenraums

190.000 km² umfassen die Alpen vom Rand des Wienerwalds bis zu den französischen Seealpen. 7 europäische Staaten haben Anteile am alpinen geografischen Raum, in dem rund 14 Millionen Menschen in knapp 6000 Gemeinden leben. Die Alpen sind aber nicht nur als gebirgige Naturlandschaft beindruckend. Sie sind auch eine Kulturlandschaft, die sich über Jahrhunderte entwickelt hat. Wie sieht die Zukunft aus?

Der Alpenraum im Wandel

Die Alpen haben eine reiche Natur- und Kulturgeschichte. Aber die Lebensräume in den alpinen Regionen sind heute im Vergleich zu anderen Gebieten verletzlicher geworden. Viele Junge ziehen in urbane Räume und die Alten sterben. Die landwirtschaftlichen Nutzflächen haben sich halbiert und die Kulturlandschaft verwildert. Die größeren Alpentäler verstädtern zusehends. Die Peripherie verkommt mehr und mehr zur entvölkerten Wildnis. Werden nur mehr alpine Tourismuszentren übrigbleiben, die die Natur als Fun- und Freizeitpark inszenieren? Welche Alternativen eines "Guten Lebens" in den Alpen sind bereits entstanden? Was lässt sich daraus lernen?

Von der Alm auf den Teller

Der Ackerbau ist in den alpinen Regionen wegen des schwindenden Ertrags stark zurückgegangen. Milch, Fleisch und Käse bleiben die klassischen landwirtschaftlichen Produkte in den Alpen. Oft ist ihre Produktion noch an reinen Quantitäten ausgerichtet ohne spezifische Vermarktung. Mittlerweile haben kleine regionale Pionierinnen und Pioniere bewiesen, dass es auch anders geht. Durch den Aufbau von hochwertigen Qualitätsprodukten, wird die Wertschöpfungskette in der Region verlängert. Gezielt werden dabei Schafe, Ziege und alte Haustierrassen einbezogen. Dadurch entstehen bisweilen regionale Märkte, die mit ihrem Angebot kaum mehr die Nachfrage befriedigen können. Vor allem in den südlichen Alpenregionen werden Obst, Gemüse und auch Wein in großer Menge produziert, allerdings oft mit Pestizideinsatz. Aber auch hier zeigen lokale Akteure auf, wie es besser gehen könnte.

Wie Tradition und Innovation verbunden werden

Land- und Forstwirtschaft, Handwerk und Gewerbe sind im alpinen Raum einem besonderen ökonomischen Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Im wirtschaftlichen Bereich werden lokal und regional verankerte Betriebe durch außeralpine Großbetriebe aus dem Markt gedrängt. Das führt in den meisten Alpenregionen zur wirtschaftlichen Entwertung und verschärft in den verstädterten Alpengebieten zusätzlich den Wettbewerb. Diese Situation wirkt sich auch negativ auf die alpine Gesellschaft und die Umwelt aus. Der kulturell lebenswerte Lebensraum und die ökologische Stabilität sind in Gefahr. Wie können neue Ansätze im Bereich Landwirtschaft, Ernährung, Handwerk, Bauwesen, Gewerbe und Handel dem entgegenwirken? Wie lassen sich auch unter ungünstigen Rahmenbedingungen alpenspezifische Wirtschaftsformen aufbauen? Wie lässt sich Tradition und Innovation kreativ verbinden?

Neues Leben in den Alpen?

Ist das Verschwinden der Alpen als menschlicher Lebens- und Wirtschaftsraum überhaupt noch aufzuhalten? Ja, sagt beispielsweise der renommierte Alpenforscher Werner Bätzing. Er fordert ein radikales Umdenken, mit der die Alpen zur Widerstandszone gegen rein ökonomische Effizienzzwänge werden sollen. Und es gibt im Alpenraum bereits beeindruckende Beispiele von innovativen, zukunftsfähigen und resilienten Initiativen im Bereich Wirtschaft, Ernährung, Kultur und Gesellschaft. Die Alpen haben das Potenzial zu einem lebendigen dezentralen Wirtschafts- und Lebensraum in Mitteleuropa zu werden und selbst die alpine Peripherie zu Orten des "Guten Lebens". Dreh - und Angelpunkt einer wünschenswerten Zukunft für die Alpen ist eine ausgeprägte kulturelle Identität bei den regionalen Akteuren: Diese engagieren sich dafür, dass ihr Lebens- und Wirtschaftsraum lebensfähig und lebenswert bleibt. Sie übernehmen in wirtschaftlicher, soziokultureller und ökologischer Hinsicht Verantwortung für den alpinen Lebensraum. Aus diesem ganzheitlichen Engagement, das Tradition und Innovation verbindet, entsteht Neues. Das bezieht sich auf landwirtschaftliche Erzeugnisse, die gemeinsame Vermarktung, handwerkliche Qualitätsprodukte und spezifische Dienstleistungen, die die Wertschöpfung in der Region halten.

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