Pablo Casals
"El Pessebre" - Gesangstexte
Mit seinem weihnachtlichen Oratorium "El Pessebre" ("Die Krippe") hat der Meistercellist und Dirigent Pablo Casals ein Oratorium komponiert, das in origineller Weise den Geist der Weihnacht mit einem tiefen Gefühl von Frieden und Andacht einfängt.
10. Dezember 2024, 14:50
Verkündigung
Erzähler: Ein sanfter Flügelschlag rauscht in den Lüften.
Himmlisch zartes Singen entzückt alles Sein; Schafe, Hunde und Hirten, welche die Schalmeien spielen.
In seinem Lauf hält der Stern inne.
Auf einmal wird die Nacht ganz leise, in herrlicher, atemloser Stille,
bis eine klare, helle Stimme das Schweigen durchdringt:
Engel: Ihr Hirten eilt! Ihr müsst gehen
hin nach Bethlehem zum Stall, wo ein Wunder geschehen.
Eilt und sieht es allzumal! Denn Gott ward Mensch für uns heute.
In unserem Fleisch geboren, Gottes Sohn, erkoren, weint wie ein Erdenkind.
Ehre sei Gott in der Höhe! Ihr Hirten, geht geschwind!
Der Stern
Hirten: Der Stern erstrahlt in Silberpracht,
der Himmels Bläue verdeckt die Nacht.
In süßem Schlaf ruhen Wald und Feld,
es liegt verzaubert die ganze Welt.
Der Wind ist stille, kein Wasser singt,
kein Vogelschrei den Wald durchdringt.
Hirtin: Auf Wiesen leuchtet ein himmlisches Licht,
auf’s Gras hingleitend ein Sternstrahl bricht.
Hirten: Und wo er den Zweig mit Lichtglanz erhellt,
erblühen Blumen der kalten Welt.
Der Stern erstrahlt in Silberpracht,
in Weiß gekleidet erscheint die Nacht.
Die Alte am Spinnrad
Die Alte: (...) auf das kühlende Leinentuch wird Gott als Zeichen für uns sein Antlitz prägen. Und ich sehe ihn im Sturm auf einem Hügel hängen. Es blitzt und die Himmel toben vor Donner. Die Erde bebt und zittert im Sturm, der Wind umpeitscht das Kreuz.
Und ich sehe ihn, mit wirrem Haar, das sein sanftmütiges Antlitz verdeckt, fast tot am Kreuze hängen. Über seinen Leib rinnt dunkles Blut, auf seinem Körper sind schwarze Flecken.
Um Mitternacht naht eine Freundesschar, um den Leichnam vom Kreuz zu nehmen,
und im fahlen Lichtschein der Nacht hüllt man ihn in das Tuch und trägt ihn zu Grabe.
Und dieses Tuch ist es, dies’ Tuch, das ihn, der einst so viel leidet, bedecken wird.
Darum sagt es dem Kind: Die Alte kann nicht kommen, um es anzubeten, weil sie eifrig spinnt. Aber sagt es ihm leise, damit es die Jungfrau nicht hört, denn sie wird noch genug Leid tragen.
Die drei Pagen
Die Pagen: Sind wir noch immer nicht am Ziel?
Wir sind am Ende der Welt! Ich mache keinen Schritt mehr.
Wie kalt ist die Nacht! Wie kalt sind meine Finger!
Die gefrorene Schnauze des Kamels ist vereist.
Der Schnee fällt in Flocken, und wir gehen ohne Schuhe.
Also, los! Das ist zu viel!
Wir haben Märkte, Herbergen und Städte voller freundlicher Stimmen durchquert,
Und nun, auf geht's! Voran! Bleib nicht stehen! Marschiere durch Wüste und Ödland!
Sie essen genüsslich Datteln und Feigen, und du plagst dich weiter
Und, am Ende, was dann? Wohin sie wohl gehen, wir werden es sehen.
Leb wohl, Reiter mit Säbel und Ross! Leb wohl, Händler!
Ach, leb wohl, junges Fräulein! Ich habe für nichts Augen, ich kann nur nach oben schauen,
hinauf zum Stern.
Mein kühles Häuschen mit einladendem Hof und erfrischendem Schatten hab’ ich verlassen. Und auch den plätschernden Brunnen und den Honigkuchen und die zuckersüßen Plätzchen sowie die geliebte Ehefrau!
Das ist wirklich zu viel!
Der Ochse im Stall
Ochse: Die Nacht habe ich verbracht, ohne schlafen zu können. Die Hörner waren gesenkt
und meine Seele war ängstlich. Ich wollte sanft und leise muhen, um so meine Ängste
zu lindern.
Was für eine zauberhafte Nacht, mit Sternenlicht,
mit Flügeln, die am blauen Himmel fliegen!
Was für ein sanftes Lied, was für eine göttliche Emotion,
Wie Vogelgesang mit feinsten Stimmen!
Es ist ein kleines Kälbchen mit weißer Haut, das noch nicht gehen kann;
Aber aus ihm kommt ein Glanz, der alles erleuchtet.
Der verzauberte Mond umhüllt die Krippe und erfüllt meine Seele;
Und ich sehe erstaunt, dass das Licht die Strahlen der Morgenröte zurückgibt.
So fühlte ich mich, als die Nacht zu Ende ging und der neue Tag anbrach.
Die Gaben der Könige
König Melchior: Empfanget, Herr, diesen Haufen Gold, um das Reich zu errichten.
Der Hirte: Aber er ist doch ein Hirtenkönig!
Engelsstimme: Um euer Herz zu gewinnen, wird er sich in Liebe aufopfern.
Und sein Zepter wird ein Palmzweig sein.
König Caspar: Ich bringe euch eine Truhe voller Weihrauch,
als Wertschätzung, dass wir euch wie einen Gott verehren.
Der Hirte: Ein Gott, der als Kind geboren wird!
Engelsstimme: Es ist nicht der Altar mit dichtem Rauch,
sondern der intensive Geist der Wahrheit, die euch verzaubert.
König Balthasar: Von Myrrhe biete ich euch ein Gefäß dar,
welches den Tod als Geschenk neuen Lebens symbolisiert.
Der Hirte: Wenn er Gott ist, wird er nicht sterben!
Engelsstimme: Binnen drei Tagen wird er dereinst in den Himmel auffahren, und dieses Jammertal hinter sich lassen.
Gloria
Könige und Hirten: Ehre sei Gott! Ehre sei Gott in der Höhe! Singt ihm Gloria, Gott, dem Erhabenen.
Und Friede allen Kreaturen, die er geschaffen hat und Friede den Menschen auf Erden! Keine Sünde und kein Krieg mehr!
Engelsstimme: Friede allen Menschen, die guten Willens sind.
Alle: Friede!