Herbert Kickl vor dem ORF Logo

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Medienpolitische Perspektiven unter Blau-Schwarz

Die Kickl-Wende und die Medien

Die Kehrtwende der ÖVP in Sachen Regierungsverhandlungen hin zur Kickl-FPÖ wird auch für die Medienpolitik Folgen haben. Für die Freiheitlichen ist das machtpolitisch eine absolute Priorität, der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ihnen schon lang ein Dorn im Auge. Die Pläne gehen in Richtung finanziell aushungern, und die ÖVP hat schon in der Kurz-Strache-Koalition nicht besonders dagegen aufbegehrt. Die FPÖ setzt auf Partei- und Propaganda-Medien, journalistischen Medien steht man reserviert bis feindlich gegenüber.

Man kann nicht sagen, dass sie nicht angekündigt hätten, was sie mit dem ORF und auch sonst medienpolitisch vorhaben. Herbert Kick im Juli 2023 im Nationalrat: "Dann machen wir nämlich diese Haushaltsabgabe rückgängig. Das steht ganz, ganz oben auf der Liste. Dann wird diese Zwangsteuer wieder abgeschafft. Ich sage das nur den Planern im ORF, dass sie nicht zu weit in die Zukunft rechnen." Und Peter Westenthaler im Herbst 2024: "Das Ziel ist, den ORF innerhalb der nächsten sechs Monate an Haupt und Gliedern zu erneuern."

FPÖ will vollenden, was Strache misslungen ist

Kickl und Westenthaler, sein Mann im ORF-Stiftungsrat, wollen vollenden, was Heinz-Christian Strache in der schwarz-blauen Koalition mit Sebastian Kurz knapp nicht gelungen ist. Daran ließ Westenthaler auch vor wenigen Tagen im Burgenland-Wahlkampf keinen Zweifel - als es wieder einmal um den ORF und angeblich manipulative Berichterstattung ging, donnerte er von der Bühne: "Daher ist es noch mehr an der Zeit, da in dem ORF im Stiftungsrat ordentlich aufzuräumen. Dass solche Manipulanten wie da einfach nicht mehr im ORF tätig sein dürfen, das gehört einmal gesagt liebe Freunde."

Im Jahr 2001 hat Westenthaler - damals FPÖ-Klubobmann unter Jörg Haider - mit der ÖVP den ORF umgebaut und massiv Druck und Einfluss ausgeübt. 2019 hat das Ibiza-Korruptionsvideo den schwarz-blauen ORF-Umbau gestoppt, die Begehrlichkeiten und Pläne sind aber in Chats von Strache & Co. gut dokumentiert. "Vielleicht ist die FPÖ strategisch etwas schlauer geworden und legt es anders an, als Strache es angelegt hat. Aber grundsätzlich ist die FPÖ ganz, ganz, ganz strikt gegen den ORF. Das war auch im Wahlkampf so. Wenn man sich die Partei Medien der FPÖ und die parteinahen Medien anschaut, dann war der ORF ein ganz, ganz zentrales Wahlkampfthema", sagt Daniela Kraus. Sie ist Generalsekretärin des Presseclubs Concordia und ruft zur Wachsamkeit auf.

Umbau und Schwächung des ORF droht

Finanzierung aus dem Budget, personeller Umbau, Streichung von Programmangeboten, all das steht in puncto ORF im Raum. Viel Gegenwehr von der ÖVP sei auch diesmal nicht zu erwarten, meint Kraus. "Da ist die ÖVP auch gleich mit dabei. Die hat ja auch jetzt schon gefordert, zum Beispiel FM4 abzuschaffen. Also ich sehe da ein ganz klares Programm gegen den ORF bei der FPÖ und wenig, was die ÖVP entgegensetzen würde." Der geschäftsführende ÖVP-Obmann Christian Stocker hat es in seinem Statement zur Aufnahme der Verhandlungen mit der FPÖ bei diesem sehr allgemeinen Statement zum Thema belassen: Es brauche eine "vielfältige und tatsächlich unabhängige Medienlandschaft".

Die "freien Medien", die der FPÖ nahestehen

Die FPÖ versteht unter vielfältig und unabhängig etwas ganz Eigenes. Mediensprecher Christian Hafenecker: "Es werden alle freien Medien, alle Medien, die fair über uns berichten, diskreditiert von den Systemmedien, wie wir sie nennen." Und auch Herbert Kickl lobt diese Medien, die der FPÖ nahestehen: "Es gibt andere Medien, die sozusagen die Arbeit machen, die eigentlich die etablierten machen sollten. Und damit kommen die etablierten unter Druck. Das ist gut." Im Wahlprogramm der FPÖ wird dezidiert gefordert, dass auch diese sogenannten alternativen Medien Förderungen vom Staat erhalten sollen.

Staatliche Förderung für Propagandakanäle?

Profitieren würde davon auch der rechtsextreme Propaganda- und Verschwörungskanal AUF1, rechnet Daniela Kraus von der Concordia. "Man muss es befürchten. Die FPÖ versucht ja, diese Medien, die einfach Propaganda machen, umzudeuten und so zu tun, als wären das journalistische Medien. Das sehen wir. Wo werden Interviews gegeben? Zum Beispiel Kickl hat sein erstes Interview nach der Wahl gegeben bei AUF1. Auch Rosenkranz hat dort gleich ein Interview gegeben. Das heißt, die FPÖ tut ja so, als wären diese Propagandamedien journalistische Medien. Deswegen muss man da sehr genau hinschauen, ob nicht Fördergelder in diese Kanäle fließen. Und diese Kanäle informieren uns nicht, sondern die versorgen uns mit Desinformation."

"Wir werden die Regierungsinserate kappen"

Da kommen auch die Regierungsinserate ins Spiel. Christian Hafenecker hat dazu im Vorjahr im #doublecheck Interview angekündigt: "In Zusammenhang mit den Regierungsinseraten wird sich einiges tun insofern, als dass wir die zurückfahren werden. Wir wollen eben diese Verbindung zwischen Politik und Medien kappen und da muss man sich dann anschauen, welche Rahmenbedingungen man schafft, die Medien trotzdem nicht unter der wirtschaftlichen Problematik leiden. Das heißt, da muss man ganz neue Modelle aufstellen." Was an und für sich eine vernünftige Forderung sei, sagt Kraus dazu. "Aber da haben wir wieder das gleiche Problem, dass dann Medienförderung eben womöglich auch an nicht journalistische Plattformen geht."

Kein Zutritt für "profil" zu Kickl-Pressekonferenz

Bleibt die Frage, wie die FPÖ als mögliche Kanzlerpartei den journalistischen Medien gegenübertritt, die sie als Gegner betrachtet. Daniela Kraus: "Wir sehen jetzt schon, bei der ersten Pressekonferenz wurden Medien ausgeschlossen. Zum Beispiel das "profil". Das haben wir immer wieder beobachten können. Bis zu einem gewissen Grad wird sich auch ein Kanzler Kickl den traditionellen Medien nicht verschließen können. Aber die Kommunikation wird sehr selektiv und sehr gesteuert sein. Das haben wir ja auch schon bei der ÖVP gesehen."

Stichwort: Message Control unter Sebastian Kurz und zuletzt der Podcast "Karl, wie geht‘s?" vom scheidenden Bundeskanzler Nehammer. Verglichen damit, wie die FPÖ ihre Parteimedien-Macht auslebt, waren das freilich Kindergeburtstage.