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Informationsfreiheitsgesetz tritt am 1. September in Kraft
Das Amtsgeheimnis hat ausgedient
Ministerinnen, Gemeinden, Ämter - alle mauern, wenn Bürger oder Journalistinnen Informationen haben wollen, und berufen sich auf das Amtsgeheimnis und die Amtsverschwiegenheit. Das hat in Österreich Tradition, es stammt aus der Monarchie. In vier Monaten, am 1. September 2025, soll aber "Historisches“ passieren, folgt man den Versprechungen der schwarz-grünen Regierung, als sie im Herbst 2023 das Ende des Amtsgeheimnisses ankündigte. Von "Transparenzrevolution" und "Meilenstein" war die Rede.
7. Mai 2025, 18:00
Wie bewerten das Juristinnen und Juristen? Michael Weiner, auf öffentliches Recht spezialisierter Rechtsanwalt, glaubt: "Das Gesetz ist ein Versuch, mehr Transparenz für den Bürger zu ermöglichen. Ob das gelingt, werden wir ab September sehen." Weiner ist auf Vergabeverfahren spezialisiert, auch dazu wird es künftig wohl interessierte Anfragen von Bürgern und Bürgerinnen bei Gemeinden geben – Weiner gibt letzteren hier schon jetzt Orientierungshilfe.
"Brauchen neues Mindset in der Beamtenschaft"
Ein Versuch also - denn Gründe für Skepsis bestehen. Ähnlich sieht das Christiane Wendehorst, Rechtswissenschafterin an der Universität Wien. Sie findet, es werde einen Kulturwandel brauchen, das Mindset in der Beamtenschaft müsse sich ändern: "Weg von dieser Verschwiegenheitskultur hin zu einer Transparenzkultur. Dass man einfach das Regel-Ausnahme-Verhältnis anders denkt, in dem Sinn: Wäre es wirklich schlimm, wenn ich diese Information gebe?"
Bereits jetzt unterliegt die öffentliche Verwaltung einer prinzipiellen Auskunftspflicht – wer etwas in Erfahrung bringen wollte, konnte sich darauf berufen. Das Informationsfreiheitsgesetz wird Verbesserungen bringen: Kürzere Antwortfristen für die Verwaltung etwa und enger gefasste Ausnahmen, was Auskunftsverweigerung betrifft. Und: öffentliche Stellen müssen künftig bestimmte Informationen von sich aus veröffentlichen. Soweit einige Punkte auf der Haben-Seite.
Die Durchsetzbarkeit bleibt schwerfällig
Und auf der Leider-Nein-Seite? Hier geht es vor allem darum, dass die Durchsetzbarkeit nicht einfacher und besser wird. Rechtsanwalt Weiner erklärt warum: "Weil strukturell ist eine Sache in dem Gesetz nicht passiert: Es gibt Länder, die Informationsfreiheitsgesetze haben, die sagen: Auskunftserteilung hat Vorrang. Und nur wenn zwingend und eindeutig nachgewiesen werden kann, dass ein Verweigerungsgrund besteht, darf verweigert werden. Also im Zweifel für die Beauskunftung. So etwas findet sich im österreichischen Gesetz nicht."
Das heißt, die Behörde, mitunter einzelne Gemeindebeamte müssen künftig abwägen, ob das Recht auf Information überwiegt oder Geheimhaltungsinteressen. Weil das neue Gesetz hier keine Vereinfachung bringt, bleibt die Abwägung rechtlich anspruchsvoll. Was zur Folge haben kann, dass eine Gemeinde in Tirol über die gleiche Fragestellung anders entscheiden wird als eine in der Steiermark.
Komplizierte Abwägung, kaum Hilfestellung
Was notwendig ist, das ist aus der Sicht von Rechtswissenschafterin Christiane Wendehorst klar: "Bewusstseinsbildung bei den Beamten und Orientierungshilfe - etwa wenn sie zwischen dem Recht auf Datenschutz und dem Recht auf Information abwägen werden müssen. Wir müssen den informationspflichtigen Stellen konkrete Handreichungen geben, wir müssen sie unterstützen."
Denn sonst könnten Beamte dazu tendieren, abschlägig zu antworten. In diesem Fall sind sie nämlich auf der eher sicheren Seite. Eine einmal fälschlicherweise erteilte und veröffentlichte Information kann nicht mehr zurückgezogen werden. Erteilt man eine Information im Zweifelsfall aber nicht, bleibt dem oder der Fragenden der Gang zu den zuständigen Verwaltungsgerichten - und die müssen dann die Abwägung vornehmen.
Keine Sanktionen bei unberechtigter Verweigerung
Strafen für eine nicht berechtigte Informationsverweigerung kennt das Gesetz nicht. Michael Weiner: "Das Informationsfreiheitsgesetz sieht keine Sanktionen vor, sondern letztlich lebt es eben schon davon, dass die Behörden es auch in einer transparenzfördernden Weise vollziehen. Und ob das immer passieren wird? Da zeigt die Vergangenheit: Es ist sicherlich Luft nach oben."
Andere Länder haben eine weitreichendere Lösung gewählt: Nämlich eine Instanz, die - wenn eine Stelle Auskunft verweigert - schnell und effizient darüber entscheidet, ob das gesetzeskonform geschehen ist. Diese Instanz kann Ämter, Behörden, Ministerien, die Auskunft verweigern, sanktionieren - etwa Geldstrafen verhängen. Und im Extremfall kann sie die umstrittenen Daten bzw. Informationen selbst einholen und herausgeben. Das geht beispielsweise, indem Datenträger oder papierene Akten beschlagnahmt werden. Vergleichbares wird es in Österreich nicht geben. Sondern nur den Gang vor die zuständigen Gerichte – und der kann dauern und kosten – Zeit, mitunter Jahre, sowie Geld und Nerven.