Freakcasters: Philipp Hansa kann Inklusion

Freakcasters - Menschen, Geschichten, Leidenschaften.

Philipp Hansa:
Wenn ich auf jemanden zugehe, dann interessiere ich mich offensichtlich für den. Entweder weil wir ein Gespräch führen oder weil ich etwas von dir wissen will oder weil wir nur einen kurzen beruflichen Austausch haben. Und dann geht es mir viel schneller um die Sache und nicht, ob du jetzt hier mit einer Krücke stehst, ob du schwarz oder weiß bist, ob du mit einem Rollstuhl daherkommst. Mir geht es einfach nur dann um den Menschen. Noch einmal, das macht das eigene Leben, glaube ich, auch erstrebenswerter und spannender und lustiger, wenn ich mir jetzt nicht denke: Der hat jetzt einen Rollstuhl, jetzt muss ich mich runterbeugen, jetzt muss ich das machen! Nein, denk nicht an den Rollstuhl, denk an den Menschen.

Sandra Knopp:
Herzlich willkommen bei Freecasters, sagen Sandra Knopp …

Christoph Dirnbacher:
Und Christoph Dirnbacher. Unser heutiger Gast ist in Graz aufgewachsen und hat als Jugendlicher ein Jahr in Australien verbracht und dort viel über gefährliche Spinnen gelernt. Außerdem weckt er von Berufs wegen regelmäßig Millionen von Österreichern und Österreicherinnen. Die Rede ist von Ö3-Weckermoderator Philipp Hansa. Im Ö3-Studio in Wien-Heiligenstadt haben wir mit ihm über seine Art auf Menschen zuzugehen gesprochen, denn Inklusion ist ihm ein großes Anliegen. Auch heuer hat er im Rahmen der Ö3-Lehrlingsaktion „Ich will und ich kann arbeiten und ich verdiene eine Chance“ mit Jugendlichen mit Einschränkungen gesprochen und sie über ihre Zukunftswünsche und Fähigkeiten befragt. In unserem Podcast geht es um Menschen, ihre Geschichten und ihre Leidenschaften. Deshalb steht am Beginn des Gesprächs die Frage: Philipp, wo wirst du zum Freak?

Philipp Hansa:
Sehr schön. Hallo auch zuerst einmal. Danke für die Einladung. Danke, dass ihr meine Gäste seid im Ö3-Studio quasi. Wo werde ich zum Freak? Auf jeden Fall bei Fußball. Zu 100 Prozent. Also ich werde, wenn ein Fußballspiel läuft, zum Freak, da bin ich ein anderer Mensch. Da muss man ausrasten, da muss man auch schreien und die Nachbarn wieder aufwecken. Vor allem bei meinen Lieblingsmannschaften Sturm Graz und Arsenal London.

Sandra Knopp:
Warum eigentlich diese beiden Mannschaften?

Philipp Hansa:
Sturm, weil es meine Heimatmannschaft ist, weil ich ja Grazer bin. Und bei Arsenal war es so: 2004 haben die eine Saison gespielt, wo sie in der Premier League kein Spiel verloren haben. Und so einen schönen Fußball auch gespielt mit vielen Franzosen. Thierry Henry, Arsene Wenger war der Trainer. Bergkamp, ich sage jetzt wird es speziell. Und da habe ich mich dann in sie verliebt.

Sandra Knopp:
Apropos verliebt, ich habe sehr oft gelesen: Deine Herzensbildung, hast du mal in einem Gespräch gesagt, die hast du von deinen Eltern. Was haben dir dann deine Eltern, Elisabeth und Friedrich, mitgegeben?

Philipp Hansa:
Sehr schön, wenn du die Namen sagst, kriege ich gleich wieder Ganslhaut. Ich bringe immer das Beispiel, um beim Fußball zu bleiben, dass ich nie einen Fußballtrainer als Vater hatte. Der war nie der sportlichste. Er ist ein bissl älter, mein Papa, 1942 geboren. Und er war jetzt nie der, der sich im Tor nach links und rechts geschmissen hat oder auch wirklich immer so wie die anderen Väter so fit war. Er hat auch noch Asthma noch dazu, also kommt alles zusammen. Er war aber derjenige, der dann halt mein Herz hat ausbilden können, indem er mir gelehrt hat, Menschen auf Augenhöhe zu begegnen, was für mich im Übrigen auch gleich Inklusion ist, um da eine kleine Brücke zu schlagen,
niemanden auszugrenzen und vor allem leben und leben lassen. Und das ist auch so ein bisschen das, was ich mir immer als Motto mache in meinem Leben: Das eigene Leben ist viel entspannter, wenn ich mir nicht um andere Menschen Gedanken mache, wen die lieben. Ob die Frau, Mann, Mann, Mann, ob man im Rollstuhl sitzt, das macht auch mein eigenes Leben entspannter, wenn ich mir nicht die ganze Zeit Sorgen mach: Darf der denn jetzt lieben? Oder nein, da bin ich dagegen, wenn zwei Männer sich lieben. Na warum? Wenn du glücklich bist, wenn du Liebe erfährst, feel free, aber lass mich halt auch in Ruhe und ich lass dich in Ruhe, alles easy. Und das haben sie mir sicher auf eine gewisse Art und Weise, auch auf eine subtile Art und Weise, mit auf den Weg des Lebens gegeben.

Sandra Knopp:
Ich habe gehört, du warst auch in einem inklusiven Kindergarten. Das hast du auch schon mal erzählt. An was erinnerst du dich noch aus dieser Zeit?

Philipp Hansa:
An den Manuel, Manuel der Dampfi, Manuel Dampfhofer, mein bester Freund, mit dem haben wir Fußball gespielt recht viel. Da habe ich auch die Zeichensprache gelernt. Sign Language, oder? Ja, genau, die richtige Zeichensprache. Die habe ich dann mittlerweile wieder verlernt, weil ich danach niemanden mehr hatte, wo ich sie habe anwenden können. Aber der war taubstumm und es war von Anfang an ganz klar, dass wir beste Freunde sind in dem Kindergarten. Ich kann euch jetzt gar nicht sagen, warum, müsst ich jetzt überlegen, aber wir haben uns einfach easy und gut verstanden und es gab keine Barriere.

Sandra Knopp:
Seid ihr dann in Kontakt geblieben oder hat sich das dann später wieder verloren?

Philipp Hansa:
Auf Instagram schreiben wir uns immer wieder mal. Er lebt nach wie vor noch in Graz, und ich halt jetzt in Wien. Aber er reagiert immer wieder auf meine Storys, vor allem auf die Fußball-Storys.

Christoph Dirnbacher:
Wir haben uns überlegt, mit welchen Fragen wir sowohl dich als auch das Publikum vielleicht ein Stück weit überraschen können. Und was vielleicht wenige wissen, du hast ja über sechs Jahre hinweg Fußball gespielt beim Grazer Sportclub.

Philipp Hansa:
Ja, sehr gut.
Christoph Dirnbacher:
Und das Sportliche ist das eine. Also du bist offenbar einer dieser acht Millionen Teamchefs, die es in Österreich gibt. Aber was hast du jenseits vom sportlichen Engagement in dieser Zeit des Fußballs noch gelernt? Weil Fußball ist ja ein Mannschaftssport. Was lernt man da im Umgang mit anderen Menschen?

Philipp Hansa:
Ja, da hast du eigentlich eh schon die Frage indirekt beantwortet. Mannschaftssport ist das entscheidende Wort. Ob das jetzt beim Radio ist oder beim Fußball, ich finde auch übrigens im Privatleben, gemeinsam kommt man weiter und es macht währenddessen auch mehr Spaß.

Christoph Dirnbacher:
Ja, aber wie stellt man das an? Wenn man gemeinsam weiterkommt, muss man sich ja abstimmen. Und du warst Kapitän und als nicht fußballaffiner Mensch habe ich jetzt mal im Kopf, dass der Kapitän dafür sorgt, dass das Werkl rennt. Deshalb meine Frage an dich: Wie schafft man es, dass elf Mann das machen am Spielfeld, was sie sollen?

Philipp Hansa:
Sehr gut. Das ist sehr stark mit dem Kapitän. Das ist nicht schlecht, super vorbereitet. Ja, stimmt, war ich. Ich war zentrales Mittelfeld und Kapitän. Habe so ein bisschen die Bälle verteilt. War jetzt, glaube ich, nicht immer der Allerschnellste, sondern halt eben so der Spielmacher so ein bisschen. Ich glaube, das Entscheidende ist, dass jeder seine Rolle findet und sich auch mit der abfindet. Guter Freund von mir nach wie vor, der Christoph, ist Linksverteidiger, brutal schnell. Jetzt nicht der edelste Techniker und auch nicht der beste Passspieler. Wenn der jetzt sich einbildet, er muss jetzt auch im zentralen Mittelfeld zum Beispiel an meiner Stelle spielen, und ich gehe als Linksverteidiger, dann wird das Werkl, wie du sagst, nicht so perfekt und nicht so gut rennen. Weil das nicht seine Rolle ist. Und ich glaube, das ist total wichtig, dass man seine Rolle einerseits findet, aber dann sich auch mit der abfindet und seine eigenen Stärken und Talente erkennt oder sich von jemandem, in dem Fall vom Trainer, sagen lässt: Hey, probier mal das! Ich glaube, da bist du am besten aufgehoben. Und dann, dass man sich auch dann auf das einlässt und das auch zulässt. Also eben abfinden damit. Was ja oft negativ konnotiert ist, aber in Wirklichkeit ist es ja auch was Schönes, wenn man seine Rolle gefunden hat.

Sandra Knopp:
Mit 16 hat Philipp Hansa ein Schuljahr in Queensland in Australien verbracht. Er erinnert sich noch bestens, wie er dort über Gefahrenquellen tierischer Art aufgeklärt wurde.

Philipp Hansa:
Ein Aushang auf der Toilette, wo man nachschauen hat müssen, welche Spinnen gerade giftig sind und ob man sich gerade aufs Klo setzen darf oder ob die nicht Giftigen gerade da sind, sodass man sich einfach so problemlos aufs Klo setzen kann. Was habe ich noch mitgenommen? Heimweh zu überwinden. Ich habe brutales Heimweh gehabt. Ich habe zu dem Zeitpunkt auch gerade ein Mädel gehabt. Ich war totaler Spätsünder und da habe ich zum ersten Mal mit einer Mädel was gehabt irgendwie und hab die brutal vermisst. Das war Wahnsinn. Genauso auch meine Eltern. Und du lernst dann halt recht schnell, mit dir selber klarzukommen. Und ihr kennt das ja auch sicher: Wenn du alleine bist, dann lernst du auch viel über dich selber. Es ist manchmal nervig, man will dann vielleicht nicht allein sein, aber man macht sich Gedanken über sich selber, die man vielleicht sonst in der Gesellschaft nicht hätte. Und ich war sehr viel allein. Klingt jetzt traurig, aber es war eine volle schöne Zeit. Also overall war es eine super schöne Zeit. Aber wie gesagt, diese Alleinphasen haben sicher auch was gebracht.

Christoph Dirnbacher:
Du hast gesagt, du hast gelernt, Heimweh zu überwinden. Erstens, wie macht man das? Und zweitens, was ist jetzt im Rückblick für dich so etwas wie Heimat? Weil du hast beschrieben, es gibt einen unentdeckten See irgendwo in der Nähe von Murau, der auch unentdeckt bleiben soll. Aber die Frage nach der Heimat ist jetzt schon ein Stück weit mitgeschwungen in der letzten Antwort. Deswegen nochmal an dich zurückgebend.

Philipp Hansa:
Ja, also erstens mal, ihr seid extrem gut vorbereitet. Das ist unfassbar. Jetzt weiß ich, wo ihr Freaks seid: beim Recherchieren. Kann das sein?

Sandra Knopp:
Definitiv.

Philipp Hansa:
Wahnsinn, echt super. Ja genau, dieser See. Ich sage nur Krakau-Ebene, das grenzt ein bisschen ein, dort kann man dann weiterschauen. Heimat bedeutet für mich, also wie habe ich sie überwunden? Vielleicht zuerst so, ich habe wahnsinnig viel Eis gegessen. Ich habe einen Liter Eis gegessen. Ich habe auch fünf Kilo mehr gehabt als jetzt, weil ich so, ja jetzt lache ich drüber, ich war wirklich so unfassbar allein und traurig, auch irgendwie viele Stunden. Es gab nicht einmal Internet, es gab keinen Handyempfang dort. Es war wirklich im Dschungel. Also es war wirklich die Hardcore-Schiene. Und da hab ich mich halt mit Eis den Wanst vollgeschlagen. Ja, Heimat jetzt für mich bedeutet tatsächlich... Jetzt gebe ich euch die erwartbare Antwort, aber sie stimmt dann halt leider doch, wie viele Floskeln, da kommt man dann drauf, wenn man älter wird, dass sie stimmen. Es ist für mich wirklich meine Familie, meine Eltern und mein Bruder, der in der Schweiz lebt. Und wenn der dann zum Beispiel zu Weihnachten jetzt nach Wien kommt oder zu unserer Wohnung nach Graz, also örtlich unabhängig Heimat, finde ich, dann ist das Heimat, dieser Kreis und diese paar Stunden, die wir da gemeinsam haben.

Sandra Knopp:
Du bist ja dann wieder zurück nach Graz und hast dann später nach der Matura im Gymnasium Zivildienst gemacht. Und zwar in einer Wohngemeinschaft namens Mütter in Karenz. Hat das auch irgendwie dein soziales Engagement quasi mit vorangetragen?

Philipp Hansa:
Ja, zu 100 Prozent. Das war eine absolute Lebensschule. Ich darf das kurz umreißen, worum es da ging. Das war von der Caritas oder ist nach wie vor von der Caritas eine Einrichtung, jetzt heißt es ein bisschen anders, wo Frauen hinkommen, die entweder sehr jung Mütter geworden sind oder Mama geworden sind. 14 war, glaube ich, die jüngste, die ich kennengelernt habe. Ist mit Ende 13 schwanger geworden. Oder die Frauen waren drogenabhängig. Oder hatten finanzielle Schwierigkeiten oder waren Vergewaltigungsopfer und haben dann das Kind nicht abgetrieben, sondern wollten das Kind behalten und sind dann in diese Einrichtung gekommen. Und ich war dann 18, 19, wie ich dort begonnen habe zu arbeiten. Und das war schon vom Happy Life von der Schule und von der Matura raus in so eine Einrichtung. Das war schon das pure Leben, was man dann gespürt hat. Und sicher auch eine Lebensschule. Ich habe da jetzt keinen klugen, gescheiten Satz, den ich da irgendwie von dort mitgenommen habe. Ich habe nur die Erfahrung gemacht, dass wir alle unterschiedliche Leben leben. Und du weißt nicht, was von einem Moment auf den anderen passieren kann. So wie es einigen dieser Frauen dort passiert ist, die auf die falsche Bahn gekommen sind oder die eben Opfer eines Gewaltverbrechens geworden sind.

Sandra Knopp:
Unser Gespräch führen wir in einem Ö3-Studio, ein schalldichter Raum mit großen Fensterscheiben. In der Mitte befinden sich mehrere Mischpulte und Bildschirme. Philipp und ich stehen vor den Mikrofonarmen. Christoph hat den Rollstuhlplatz genommen und das Mikrofon zu sich heruntergeschwenkt. Ursprünglich hat der gebürtige Steirer begonnen BWL zu studieren, doch eine Leidenschaft aus Kindheitstagen führte dazu, dass er sich mit 21 Jahren als Praktikant beim Radiosender Ö3 bewarb.

Philipp Hansa:
Ich würde es auf eine Meta-Ebene heben. Ich würde sagen, das Sprechen hat mich immer fasziniert. Im Kindergarten, kann ich mich noch genau erinnern, habe ich eine Stopp-Tafel bekommen, weil ich zu viel geredet habe. Anscheinend habe ich dann auch zu viel Schwachsinn hier beim Praktikum geredet. Und die haben gesagt: Ja, das passt zu uns! Dann natürlich Erfolg, wenn man das so sagen darf, ist immer das Ergebnis aus Leistung und Zufall. Das war der Zufall, dass es dann auch gepasst hat. Ich habe einen Karenzposten dann bekommen.

Christoph Dirnbacher:
Was uns auch interessiert hat in der Vorbereitung: In einem Artikel über dich steht, dass Inklusion, Gleichheit und Nächstenliebe dir wichtig sind. Aber wie würdest du Inklusion definieren?

Philipp Hansa:
Augenhöhe. Inklusion ist für mich Augenhöhe und damit meine ich nicht die körperliche, sondern die menschliche. Wir haben sicher alle unterschiedliche Voraussetzungen, die wir auf die Welt mitbringen. Das ist ganz klar, wir sind alle individuell. Aber und da bin ich auch über das Projekt, über das wir später noch reden werden, „Ich will und ich kann arbeiten“, draufgekommen: Wir haben dann doch alle die gleichen Ziele, Wünsche, Träume und Vorstellungen. Es geht dann meistens in Richtung Liebe, Selbstständigkeit, Geld verdienen, einen Job haben. Und warum soll da nicht jeder die gleiche Chance bekommen? Und das ist für mich Inklusion und die muss definitiv noch ordentlich und gut vorangetrieben werden in allen möglichen Gesellschaftsschichten, nicht nur in Österreich.

Teilnehmer:
Ich bin belastbar. Ich packe gerne mit an. Und was ich auch unbedingt gerne mache, sind freie Arbeiten. Das ist zum Beispiel eine der drei Sachen, die ich sehr gerne tue.

Philipp Hansa:
Und wenn man jetzt auch hergeht und sagt: Okay, jetzt würde ich dich ganz ehrlich fragen, was sind deine Schwächen? Worauf müsstest du deinen Firmenchef einstellen, wo du sagst: Okay, da tue ich mir noch ein bisschen schwerer?

Teilnehmer:
Ich tue mir ein bisschen schwer bei der Konzentration. Wenn ich alleine bin, arbeite ich super, da kann ich mich super konzentrieren, aber wenn ich im Team bin, dann ist es eher schwerer.

Philipp Hansa:
Das heißt, du bist am besten, wenn du dich wirklich hart auf eine Sache konzentrieren kannst und in der Sache funktioniert es dann am besten, wenn man es dir gut erklärt.

Teilnehmer:
Ja, und dann funktioniert es auch mit dem Teamwork.

Teilnehmerin:
Es ist einfach schlimm, dass manche Firmen einfach vom Rollstuhl zurückschrecken und uns nicht mal eine Chance wirklich geben wollen. Aber es ist eigentlich alles machbar. Man muss sich nur das gescheit überlegen.

Teilnehmerin 2:
Mein großer Traum ist es, Hörakustikerin zu werden, weil ich einfach handwerklich sehr geschickt bin und Geduld, da fehlt es mir auch nicht. Ja und ich wollt unbedingt was mit Menschen machen, aber auch handwerklich. Also da eignet sich der Beruf vollkommen.

Teilnehmer 2:
Ja, das ist mein erstes Interview für Ö3.

Philipp Hansa:
Überhaupt schon ein Interview gegeben?

Teilnehmer 2:
Nein, das ist das erste Mal.

Philipp Hansa:
Kevin, ich fühle mich geehrt.

Teilnehmer 2:
Ja, danke.

Philipp Hansa:
Aber du bist gar nicht so aufgeregt, habe ich das Gefühl.

Teilnehmer 2:
Nein, ganz normal, cool bleiben wir.

Philipp Hansa:
Darf man auch nicht zu nervös sein, weil es bringt ja nichts.

Teilnehmer 2:
Ja, das bringt nichts.

Philipp Hansa:
Genau, in der Steiermark muss man geschmeidig bleiben.

Teilnehmer 2:
Genau.

Teilnehmer 3:
Nein, ich weiß es nicht. Ich lache gern.

Philipp Hansa: Recht hast!

Teilnehmer 3:
Ja. Lachen ist was Schönes.

Sandra Knopp:
Das war eine akustische Collage aus Gesprächen mit Jugendlichen, die sich am 1. Mai über die Ö3-Initiative „Ich will und ich kann arbeiten und ich verdiene eine Chance“ für eine Lehrstelle beworben haben. Von 9 bis 19 Uhr plauderte Philipp jede Stunde mit einem Jugendlichen oder einer Jugendlichen. In den Gesprächen ging es um ihre Ziele und Wünsche und was sie auf dem Weg in ein selbstständiges Leben behindert. Aber auch darum, warum sie für Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen eine Chance sind. Für diese Interviews ist Philipp quer durch Österreich gefahren und hat die Jugendlichen vor Ort besucht. Was hat er sich aus diesen Begegnungen mitnehmen dürfen?

Philipp Hansa:
Dürfen ist das entscheidende Wort hintenraus, finde ich. Weil du fährst ohne irgendwelche Ideen oder Gedanken oder Vorstellungen zu einem Interview, wie das sein könnte, mit Ausnahme von euch. Ihr seid so vorbereitet, ihr wisst ganz genau, was ihr sagt. Ihr seid der Armin Wolf der Podcasts. Und bei diesen Interviews, du hast wie gesagt, keine Vorstellung, was der Jugendliche dir sagt oder was sie dir sagt und dann kommst du relativ schnell drauf, dass du da wahnsinnig viel mitnimmst und eigentlich nichts gibst. Ich bin hingefahren und wollte was für meine Sendung haben, aber fahr weg und hab was mitgenommen. Nämlich Lebensfreude, nämlich Spaß, nämlich immer nach vorne schauen, dieses positive Denken, trotzdem unterschiedlicher Voraussetzungen oder trotz vielleicht einer Beeinträchtigung. Ich konnte mir von wirklich fast jedem Interview eine Scheibe abschneiden.

Sandra Knopp:
Heuer fand die Lehrlingsinitiative zum zweiten Mal statt. 2020 war Corona-bedingt Pause. Angelo aus Oberösterreich hat 2019 über Ö3 eine Lehrstelle gesucht. Vor kurzem hat ihn Philipp angerufen und gefragt, wie es ihm in der Zwischenzeit ergangen ist.

Philipp Hansa:
Schönen guten Morgen, Angelo. Servus.

Angelo:
Guten Morgen, Philipp. Wie geht's dir?

Philipp Hansa:
Mir geht es hervorragend. Wie geht es dir?

Angelo:
Mir geht es ganz gut. Ich bin gerade auf dem Weg in die Arbeit. Ich fahre da ganz selbstständig, alleine mit der Straßenbahn zur Firma Wastler.

Philipp Hansa:
Angelo, du hast ja vor zwei Jahren auf Ö3 gesagt: Hoffentlich gibt mir jemand eine Chance, dass ich mein Können dorthin bringe, wo es hingehört. Das hat also geklappt. Und du hast ja eine Chance bekommen.

Angelo:
Also ich habe die Chance gehabt, dass ich mein Können zeigen hab können, und denen hat es gefallen, wie ich gearbeitet habe. Und die waren dann sehr überzeugt von mir.

Philipp Hansa:
Ja, zu Recht, Angelo. Ich war ja vor zwei Jahren bei dir. Da haben wir schon gesehen, was wir schaffen.

Angelo:
Ja genau.

Philipp Hansa:
Wie läuft es denn bei der Arbeit? Also ist es schwieriger oder leichter als erwartet?

Angelo:
Ja, das ist von Auftrag zu Auftrag verschieden. Das ist wie mit der Liebe. So wie es kommt, so muss man es nehmen. Wenn es nicht kommt, dann nicht.

Philipp Hansa:
Schön, vollkommen recht hast du. Und was sagt der Chef? Ist er zufrieden mit dir?

Angelo:
Der ist auch voll zufrieden mit mir.

Philipp Hansa:
Ja. Wollen wir dem Chef irgendwas ausrichten?

Angelo:
Ja. Also danke, Herr Holneder, dass Sie mir die Chance ermöglicht haben. Danke, sehr lieb von Ihnen.

Philipp Hansa:
Angelo, was bedeutet denn jetzt diese Leerstelle, diese Chance für dich?

Angelo:
Boah, vieles, vieles. Ich hab jetzt sogar schon eine eigene Wohnung.

Philipp Hansa:
Geil, da haben wir ja geredet, ich kann mich erinnern, das war ja eines deiner Lebensziele. Bravo!

Angelo:
Genau, genau, ja. Was mir noch bedeutet, dass ich halt arbeiten gehen kann, dass ich halt was machen kann. Weil nur daheim hocken, das ist auch so für den Hugo. Weil irgendwann fällt dann mal die Decke am Schädel.

Philipp Hansa:
Was würdest du Firmen raten, wenn sie sehen, da hat jemand zum Beispiel eine Lernschwäche, und sich dann die Chefin oder der Chef nicht sicher ist, ob sie ihn einstellen sollen oder nicht?

Angelo:
Man soll denen auch eine Chance geben, genauso wie es jeder andere verdient hat. Ist er für den Job geeignet, wenn das passt, schnuppern lassen, so quasi, und dann weiter entscheiden.

Philipp Hansa:
Einfach, weil sich jeder eine Chance verdient hat. Da gibst du mir recht, glaube ich.

Angelo:
Ja, da geb ich dir recht.

Philipp Hansa:
Angelo, du weißt, ich werde mich wieder bei dir melden, oder?

Angelo:
Ja, passt.

Philipp Hansa:
Super, dann derweil danke dir alles Liebe und viel Spaß an der Arbeit heute.

Angelo:
Ja, passt.

Sandra Knopp:
Philipp Hansa ist 31 Jahre alt, wirkt aber jünger. Er hat kurze braune Haare und ist an diesem Tag sportlich gekleidet, trägt eine kurze Hose und ein blaues T-Shirt, dazu weiße Sneakers. Im Rückblick erkennt er durchaus Parallelen zwischen seinen eigenen Wünschen und denen von Angelo.

Philipp Hansa:
Und ich habe mich halt so super mit ihm verstanden, weil das waren ja auch, ich bin ja ein bisschen älter jetzt als er, aber das waren ja genau meine Ziele auch, wie ich in seinem Alter war, 19, 20 sowas. Das war auch noch von meinem Ö3-Praktikum. Und ich habe mich halt voll wiedergefunden in ihm. Ich dachte, ich habe genau die gleichen Ziele wie er.

Sandra Knopp:
War dir das eigentlich vor dieser Ö3-Aktion schon so bewusst? Und auch, dass es Menschen mit Behinderung schwieriger haben, in vielen Bereichen Jobs zu finden, war dir das bewusst?

Philipp Hansa:
Ja, schon. Also total. Ich habe auch einen Freund in Graz, der im Rollstuhl sitzt, den ich immer wieder mal treffe und der sagt, ja, es ist total nett, dass mir jemand ein Jobangebot macht und dann fahre ich zum Bewerbungsgespräch hin und da sind zwei Stufen. Danke fürs Kommen, wiederschaun! Das ist eben auch diese, da sind wir auch wieder ein bisschen bei Augenhöhe, diese Barrieren abschaffen. Einerseits bei uns in den Köpfen, aber natürlich auch räumlich. Da fehlt es noch.

Sandra Knopp:
Entwickelt haben das Sendungskonzept Philipp Hansa und Meinhard Mühlmann von Ö3 sowie Franz-Joseph Huainigg von der ORF-Abteilung Humanitarian Broadcasting. Mühlmann war für den redaktionellen Teil der Ö3-Lehrlingsinitiative zuständig. So hat er mit den Organisationen gesprochen, die die Jugendlichen bei der Jobsuche unterstützen.

Philipp Hansa:
Absolut, den Meinhard vor den Vorhang holen, der da unfassbare Arbeit im Vorfeld macht. Der ist wirklich der Größte. Einer der besten Journalisten, die ich überhaupt kenne. Er hat auch Preise schon gewonnen. Weil er sich das jetzt vielleicht auch anhört: Lliebe Grüße, Meinhard, du machst unfassbare Arbeit, ich habe es dir auch schon mal gesagt. Und die Recherche liegt da auch sehr, sehr stark bei ihm. Du hast jetzt eh ganz gut beschrieben, er ist sehr viel am Telefon. Er versucht wirklich,
eine gute Route aufzustellen, dass wir einerseits viele Bundesländer mithaben, dass wir jetzt dann hier nicht nur in Wien sind, sondern logischerweise auch, wir sind ja österreichweit, dass wir in ganz Österreich unterwegs sind, dass es auch machbar ist in einer Woche. Und dass alle Jugendlichen auch wollen, muss man ehrlich sagen, weil es könnte ja auch jemand sagen, ich will jetzt kein Interview geben. Und da ist er sehr, sehr viel am Telefon und er ist dann mit all diesen Stellen, die du schon genannt hast, in Verbindung.

Christoph Dirnbacher:
Jetzt würde mich interessieren, als jemand, der schon viele Sensibilisierungskampagnen miterlebt und teilweise auch begleitet hat: 142 Lehrstellen wurden euch angeboten. Habt ihr eine Idee davon, wie nachhaltig das Ganze ist? Weil beim Angelo war es ja durchaus so, dass das dann tatsächlich geklappt hat. Aber du hast gemeint, die Lehrstellen werden auch geprüft.

Philipp Hansa:
Genau, es wird überprüft, auch gemeinsam mit dem AMS. Es gibt auf der Ö3-Homepage die Möglichkeit, seine Lehrstelle anzumelden, dass eben genau dann das nicht passiert, was ich vorher beschrieben habe, bei einem Kumpel aus Graz. Dass eine Firma sagt, hey cool, ich hätte gern, dass meine Firma genannt wird auf Ö3 und ich melde mich da jetzt geschwind an und ich sage, ich habe fünf Lehrstellen und dann kommt ein Rollstuhlfahrer oder eine Rollstuhlfahrerin hin zu dieser Firma und dann sind dort drei oder vier Stufen. Das soll natürlich nicht passieren. Und diese 142 Lehrstellen, die wir dieses Jahr geschafft haben, ich glaube, vor zwei Jahren waren es auch knapp über 100, die sind tatsächlich alle geprüft. Und da besteht wirklich die Möglichkeit für Jugendliche, einen Job irgendwie dort zu bekommen, in ganz Österreich verteilt.

Sandra Knopp:
Du und der Meinhard, ihr habt ja gewonnen 2019 einen Inklusionspreis der Lebenshilfe. Ich habe gelesen, du warst zwei Wochen lang geflasht.

Philipp Hansa:
Ja.

Sandra Knopp:
Gab es da irgendeine Auszeichnung? Hast du die daheim stehen?

Philipp Hansa:
Die steht beim Georg Spath, der auch mitverantwortlich ist für dieses Projekt als Ö3-Chef in seinem Büro. Da wollten wir uns einschleimen.

Sandra Knopp:
Wie schaut sie aus?

Philipp Hansa:
Na ja, sie ist dort noch bei der Verleihung selber zerbrochen. Wir haben dann eine neue bekommen. Es ist, glaube ich, ein Diamant, nein, es ist Plastik, auf einem Holzsockel.

Christoph Dirnbacher:
Was dir offenbar öfter mal gesagt wurde oder du gefragt wurdest, sagen wir es so, ist, wie du es schaffst, so natürlich auf Menschen mit Behinderung zuzugehen. Hast du ein Rezept oder einfach nur Talent?

Philipp Hansa:
Gibt es überhaupt Talent, wie man auf Menschen zugeht? Ich mache mir da wirklich keine Gedanken drüber. Ich sehe da jetzt nicht die Behinderung. Ich denke an einen Typen, der sicher eine Geschichte zu erzählen hat. Oder ein Mädel. Und ich habe da jetzt echt kein Rezept dafür. Und ich will auch nicht sagen, dass es Talent ist. Ich denke einfach nur, es ist ganz normaler Respekt vor den Menschen. Vermutlich.

Christoph Dirnbacher:
Jetzt sind bauliche Barrieren das eine, aber wo jeder Redakteur im Inklusionsbereich bereits ein Seufzer loslässt, ist bei den Barrieren in den Köpfen, die früher oder später immer genannt werden. Hättest du als Radiomann, Medienmann, wenn man so will, eine Idee, wie man diese Barrieren in den Köpfen ein Stück weit einreißen und loslassen könnte, jenseits von Aktionen wie der Euren.

Philipp Hansa:
Ich musste die Antwort von vorhin noch einmal hernehmen, wo ich gesagt habe, schau, ich sehe da einen Menschen, der, wie gesagt, eine Geschichte zu erzählen hat und wenn ich auf jemanden zugehe, dann interessiere ich mich offensichtlich für den, entweder weil er wie ein Gespräch führen oder weil ich etwas von dir wissen will. Oder weil wir nur einen kurzen beruflichen Austausch haben. Und dann geht es mir viel schneller um die Sache und nicht, ob du jetzt hier mit einer Krücke stehst, ob du schwarz oder weiß bist, ob du mit deinem Rollstuhl daherkommst. Mir geht es einfach nur dann um den Menschen. Und noch einmal, das macht das eigene Leben, glaube ich, auch erstrebenswerter und spannender und lustiger, wenn ich mir jetzt nicht denk: Der hat jetzt einen Rollstuhl, jetzt muss ich mich runterbeugen, jetzt muss ich das machen. Nein, denk nicht an den Rollstuhl, denk an den Menschen. Ich sehe dich und will mit dir ein Gespräch führen und nicht mit dem Rollstuhl.

Christoph Dirnbacher:
Gibt es jenseits vom Angelo Geschichten, die dir einfach im Gedächtnis hängengeblieben sind, weil sie außergewöhnlich waren oder dich besonders berührt haben?

Philipp Hansa:
Ja, ganz bestimmt. Die Frage ist nur, welche nehme ich? Ja, okay. Es gab eine junge Frau, mit der habe ich mich richtig gestritten. Die Magdalena aus Innsbruck.

Magdalena:
Hallo, ich bin Magdalena, ich bin 16 Jahre alt und ich hock im Rollstuhl. Ich darf mich heute mit dem Philipp unterhalten und ich freu mich schon voll.

Philipp Hansa:
Weil sie mir tatsächlich nicht verraten wollte, und das fand ich sehr respektlos von ihr, wie man diese Frisur hinbekommt, die sie hinbekommt. Bei mir schießen die Geheimratsecken schon brutal nach hinten. Und ich wollte wissen von ihr, wie... Es gibt dann auch, kann man ja auch googeln, „Magdalena ich will und ich kann arbeiten“, die hat so die Haare nach vorne so gekämmt gehabt und so eine Welle auch drin gehabt und sie wollte es mir nicht verraten. Und da werde ich dann auch noch, wenn ich sie wiedersehe, ein Hühnchen mit ihr rupfen.

Sandra Knopp:
Vielleicht verrät sie dir auch noch das Rezept.

Philipp Hansa:
Naja, sie wollte nicht. Ich versteh‘s nicht.

Sandra Knopp:
Vielleicht ändert sie ihre Meinung.

Philipp Hansa:
Ja, hoffentlich. Aber sie war super. Wir haben die größte Gaudi überhaupt gehabt. Beste Frau.

Sandra Knopp:
Neben der Ö3-Aktion „Ich will und ich kann arbeiten“ gestaltet Philipp Hansa auch immer wieder Beiträge rund um Inklusion. So moderierte der 31-Jährige im Februar das inklusive Gaming-Event Spawnpoint. Mit dabei war der Gamer IC0082, der seit einem Autounfall 2003 im Rollstuhl sitzt. Seine Geschichte ist in der Freakcasters-Episode „Barrierefreiheit in Videospielen“ nachzuhören. Das Gaming-Event dauerte zwei Tage. Hat Philipp auch selbst die Spielkonsole in die Hand genommen?

Philipp Hansa:
Ja, ja, ich habe auch gezockt. Ich bin dann relativ schnell draufgekommen, keine Chance. Ich lasse das jetzt lieber. Ich habe so vor dem Event ein bisschen gezockt. Und ich habe noch mal Counter-Strike gespielt. Das kennen wir aus der Vergangenheit, aus meiner Jugend noch recht viel. Aber jetzt spiele ich ein bisschen weniger momentan. Chancenlos.

Sandra Knopp:
Aber die Intention war einfach zu zeigen, dass man bei Spielen gleich ist. Also es wurscht ist, dass man eine Behinderung hat oder nicht. Oder was war da die Intention?

Philipp Hansa:
Genau, die Schlagzeile, die wir dort für dieses Event integrieren wollten, war: Hinter dem Computer sind wir erst recht alle gleich. Also Computerspiele schaffen Community, Computerspiele schaffen Austausch. Ob das jetzt irgendwie ist über das Headset und über irgendwelche Chatprogramme oder über das Spiel selber, weil du halt gemeinsam eine Mission hast. Es ist ganz leicht, ganz easy über Computerspiele Augenhöhe zu schaffen, womit wir wieder bei Inklusion wären. Jedoch, und da bin ich eben bei den Punkten, die mich dann noch teilweise nerven, deswegen haben wir auch dieses Projekt ins Leben gerufen, es wäre so leicht, so viele Barrieren abzubauen. Aber es fehlt noch ein bisschen die Lobby und das Scheinwerferlicht. Und im Rahmen dieser Spawnpoint-Aktion, die du jetzt beschrieben hast, haben wir es tatsächlich auch geschafft, ein intuitives Pad vorzustellen. Es ist jetzt schwer, das zu beschreiben, aber so von der Xbox, schaut das wie eine Tastatur, wo Menschen mit Beeinträchtigung, die vielleicht jetzt nur irgendwie ihren Handballen oder so bewegen können, relativ leicht das Computerspiel steuern können. So kann man es, glaube ich, ganz gut umschreiben. Und das hat mich total stolz gemacht, dass es dann auch auf diesem Event selber die Möglichkeit gegeben hat, dass mehr Inklusion geschaffen wird.

Sandra Knopp:
Auch einer seiner Lieblingsfilme hat mit Inklusion zu tun. Es handelt sich um eine der Paraderollen von US-Schauspieler Tom Hanks. 1994 verkörperte dieser Forrest Gump.

Philipp Hansa:
Mittlerweile auch, weil ich Tom Hanks schon persönlich getroffen hab für ein Interview für Ö3. Das war mit Steven Spielberg gemeinsam in London. Das war die surrealste Szene. Da waren wir in einem verrückten Hotel, was sich niemand leisten kann logischerweise, aber ganz edel englisch. Und dann sind wir in ein Teezimmer geladen worden, ich und vier, fünf andere Journalisten. Und dann kam plötzlich Steven Spielberg und Forrest Gump rein, also aka Tom Hanks. Und das hat mich dann noch einmal ihn mehr … Oder ich habe ihn dann noch einmal mehr geliebt, wenn man so will, weil er auch super bodenständig ist und genau so entspannt, wie ich ihn mir erhofft hab. Und Forrest Gump, warum gefällt mir der Film so gut? Weil er so zum Träumen anregt und weil du voll im Film bist. Ihr kennt es sicher: Momentan, wenn man auch Serien schaut oder auf Netflix oder sonst irgendwas, man ist immer auch abgelenkt von dem depperten Ding da von seinem Handy und ist nur so halb dabei. Bei Forrest Gump, glaube ich, ich habe jetzt so 10 oder 15 Mal gesehen, war ich nie nicht ganz dabei. Und man entdeckt immer noch irgendwelche kleinen Feinheiten. Und dieses Wegdriften und voll im Moment sein, das geht eben aufgrund all dieser Ablenkungen, die wir momentan haben, eh immer schwieriger. Und deswegen bin ich dankbar, dass es ein Film noch schafft bei mir.

Sandra Knopp:
Ich finde es so spannend, dass er einfach von Situation zu Situation gerät und dich einfach immer überrascht. Als ich das das erste Mal gesehen habe, habe ich gedacht, okay, Ping-Pong-Weltmeister, voll cool. Die Szene im Weißen Haus.

Philipp Hansa:
Ja genau, oder dann mit dem T-Shirt, wo er dann läuft und dann kommt dieses Smiley dabei raus, das ist großartig.

Christoph Dirnbacher:
Aber ohne jetzt eure Nacherzählung stören zu wollen, es hat ja der Forrest Gump durchaus auch einen Bezug zum Thema Inklusion, weil er doch ein Held ist, dem immer wieder Sachen gelingen, die man ihm zunächst nicht zutraut. Aus deiner Erfahrung mit den Gesprächen bei den Menschen draußen: Wie wichtig ist dieses Zutrauen und wie kann man das Selbstbewusstsein stärken von Menschen mit Behinderung, aber vielleicht auch von Unternehmen, die sich wohl mit dem Gedanken tragen, jemanden zu beschäftigen, aber sich dann doch vielleicht nicht ganz so drübertrauen.

Philipp Hansa:
Darf ich vielleicht mit einem Forrest Gump Zitat antworten? Life's like a box of chocolates. You never know what you're gonna get. Also das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen. Du weißt nie, was du bekommst. Und genau so ist es bei jedem Menschen. Jeder hat sein Talent auf eine gewisse Art und Weise. Das muss man nur finden. Da schließt sich der Kreis zur Fußballmannschaft. Jeder hat die Chance und muss die Chance bekommen, sein Talent zu zeigen, sich auch zu beweisen, im besten aller Fälle. Und dann braucht es eine Gesellschaft, die sagt: Ja, ich strecke dir die Hand hin, weil wir gemeinsam weiterkommen.

Christoph Dirnbacher:
Jetzt weiß ich, warum ich immer auf die Rückseite der Pralinen-Schachtel schau.

Philipp Hansa:
Ja, genau, sehr gut. Ich will nämlich immer Haselnuss. Eigentlich will jeder Haselnuss.

Christoph Dirnbacher:
Apropos Recherche: Eines deiner Herzensprojekte ist ein Buch zur Familiengeschichte. Du hast gemeint im Vorgespräch, du schreibst ein Buch über deinen Großvater, 1880 geboren, wenn ich es richtig im Kopf hab. Und dein Großvater war ein bisschen ein Stritzi, hast du gemeint?

Philipp Hansa: Ja, das war er definitiv. Ein Hallodri. Genau, er war, wenn ich da kurz einhaken darf, verheiratet, eben noch nicht mit meiner Oma, sondern mit einer anderen Frau. Und auch weil ich die Scheidungspapiere kenne, aber weil ich auch die Liebesbriefe gelesen habe, er hat dann halt immer anderen Frauen Avancen gemacht während er verheiratet war. Und ich sage da auch dazu, das ist eben nicht vererblich. Also meine Freundin kann sich in Sicherheit wiegen.

Sandra Knopp:
Aber was hat denn der Opa Hans eigentlich beruflich gemacht?

Philipp Hansa:
Ja, das ist so eine Sache. Das weiß man nicht so genau. Er hat auf jeden Fall, er war, ich glaube, ein bisschen ein Lebenskünstler, würde man heutzutage sagen. Er hat auf jeden Fall was Technisches studiert. Also er war Ingenieur. So eine Art Maschinenbauer, kann man dann sagen.

Christoph Dirnbacher:
Aber was hast du gelernt in der Beschäftigung mit deiner Familiengeschichte? Gab es da etwas, was dich überrascht hat oder ist das einfach eine Reise in die Vergangenheit für dich?

Philipp Hansa:
Ja, ich hoffe diesen einen Moment, der mich überrascht, noch zu finden, weil ich es total spannend finde, dass einerseits nicht nur meine Mutter mich sehr weltoffen erzogen hat, sondern auch mein Vater, obwohl der eben 1942 geboren ist. Das waren noch ganz andere Zeiten. Sein Vater war ja auch schon viel älter. Sein Vater war 62, wie er meinen Vater überhaupt bekommen hat. Das heißt, der hat auch einen relativ alten Vater gehabt, war dann 17, wie er gestorben ist. Und ich meine, das war dann schon auch natürlich Nachkriegszeit und so weiter, Wiederaufbau in Österreich. Und das war schon eine harte Zeit. Und dass mein Vater, er wird jetzt eben 80, so weltoffen und so entspannt ist, was jegliche Einstellungen betrifft, ob das jetzt eben, wie gesagt, Menschen mit Beeinträchtigungen sind oder Homosexualität. Er ist der offenste Typ überhaupt. Ich kann das gar nicht so richtig in Worte fassen, weil er so cool und entspannt ist. Das finde ich so spannend, wie er das über zwei Generationen quasi, oder wie ich das über zwei Generationen, die dann doch ältere Väter haben, mitbekommen hab. Und da bin ich noch auf der Suche, was genau mich da überraschen wird.

Christoph Dirnbacher:
Damit sind wir am Ende der heutigen Episode angelangt. Wir bedanken uns bei Philipp Hansa für ein Gespräch über Begegnungen auf Augenhöhe inklusive Erfolgsgeschichten. Wenn diese Folge Ihnen gefallen hat, erzählen Sie Ihren Familien, Freunden und Bekannten davon. Auf freakcasters.simplecast.com können Sie weitere Episoden nachhören. Auf Wiederhören bis zum nächsten Mal, sagen Christoph Dirnbacher und Sandra Knopp.