Renata Schmitdkunz

LUKAS BECK

Ö1 digital

Renata Schmidtkunz im Gespräch mit Frauen

Die Edition Ö1 startet in das Jahr 2022 mit der ersten ausschließlich digital verfügbaren Produktion und macht mit einer Auswahl an Sendungen aus "Im Gespräch" eines der zentralen Formate von Ö1 nochmals hörbar.

In der ersten Ausgabe ist Renata Schmidtkunz im Gespräch mit außergewöhnlichen Zeitgenossinnen zu hören. Sie hören die aus Wien stammende US-Germanistin Ruth Klüger, die aus Rumänien stammende Schriftstellerin Herta Müller und die promovierte Germanistin Auma Obama, deren Stiftung Kindern in Afrika die Möglichkeit gibt, ihr eigenes Leben selbst zu bestimmen. Weiters hören Sie die streitbare Publizistin Daniela Dahn, die schon zu DDR-Zeiten darauf bestand, ihre eigene Sicht der Dinge zu vertreten, und Mithu Sanyal, eine deutsche Publizistin mit indisch-polnischen Wurzeln, die so komplexe Fragen wie jene nach Identität, Sexualität, Geschlecht und Rassismus mit Humor zu verhandeln versteht.

Jedes Gespräch ist eine Herausforderung.

Edition Ö1 digital
Erhältlich auf allen gängigen Download-Plattformen

"Jedes Gespräch ist eine Herausforderung. Es fordert von mir ganzen Einsatz - nicht zuletzt aufgrund der intensiven Recherche, die für mich die unabdingbare Voraussetzung für guten Journalismus ist. Es fordert von mir aber auch, mich auf jeden Menschen einzulassen, der für eineinhalb Stunden vor mir sitzt, mich zu öffnen, mitzudenken und mitzufühlen, genau zuzuhören und dabei selbst ganz zurückzutreten. Gespräche dieser Art zu führen, war für mich aber immer auch verbunden mit der Absicht, jenseits des Tagesjournalismus Gedanken zu vertiefen, Vorurteile zu hinterfragen, den Blickwinkel auf ein Thema oder eine Person für die Zeit des Gespräches zu verändern und damit im besten Fall eine nachhaltige neue Einsicht anzubieten."

Renata Schmidtkunz

Im Gespräch - und wie ich dazu kam

Am 9. Juni 1999 hatte das Theaterstück "Die Fahrt im Einbaum oder Das Stück zum Film vom Krieg" von Peter Handke Premiere im Wiener Burgtheater. Meine Kollegin Koschka Hetzer-Molden, Redakteurin in der Abteilung Kultur im Fernsehen, hatte mich eingeladen, mit ihr dorthin zu gehen. Zu jener Zeit moderierte ich in der Abteilung Religion im ORF Fernsehen eine Talkshow, die Teil der 1995 von mir miterfundenen Sendung "kreuz & quer" war: die "BOX". Die "BOX" war ein umgebauter Container, den wir als mobiles Außenstudio von "kreuz & quer" an verschiedenen Orten in Österreich aufstellten und mit Leuten vor Ort über Fragen zu Religion und Glauben diskutierten. Im April 1999 hatte die Redaktion dafür den Spezialpreis der Jury der ROMY bekommen. Aber zurück zum Burgtheater: In der Pause dieses umstrittenen Stückes - mir gefiel es sehr gut - stürzte eine Frau auf mich zu, die ich nicht kannte. Kati Noever hieße sie, und ich sei die "Meischberger Österreichs". Sie fasste meine Hand und zog mich hinter sich her zu einem Mann, den ich nur aus dem Fernsehen kannte, aber nie persönlich getroffen hatte: Peter Huemer. Kati Noever wiederholte, für wen sie mich hielt, und meinte zu Peter Huemer: "Lass sie 'Im Gespräch, moderieren!' Und so war das dann. Mein erstes Gespräch führte ich - mit vor Aufregung und Ehrerbietung rasendem Herzen - mit Sir Peter Ustinov. Seither sind 23 Jahre vergangen. Und 440 Sendungen.

Fast jede war spannend für mich. Fast jede hat mir die Möglichkeit gegeben, etwas zu lernen, Neues zu erforschen, eine Freundschaft zu beginnen oder mich selbst ein Stück besser kennenzulernen. Denn jedes Gespräch ist eine Herausforderung. Es fordert von mir ganzen Einsatz - nicht zuletzt aufgrund der intensiven Recherche, die für mich die unabdingbare Voraussetzung für guten Journalismus ist. Es fordert von mir aber auch, mich auf jeden Menschen einzulassen, der für eineinhalb Stunden vor mir sitzt, mich zu öffnen, mitzudenken und mitzufühlen, genau zuzuhören und dabei selbst ganz zurückzutreten. Nicht immer ist mir das gleichermaßen gut gelungen.

Gespräche dieser Art zu führen, war für mich aber immer auch verbunden mit der Absicht, jenseits des Tagesjournalismus Gedanken zu vertiefen, Vorurteile zu hinterfragen, den Blickwinkel auf ein Thema oder eine Person für die Zeit des Gespräches zu verändern und damit im besten Fall eine nachhaltige neue Einsicht anzubieten. Und immer erschien es mir wichtig, dass Berührung stattfindet, dass gelacht und auch - wenn es nicht anders ging - geweint werden konnte. Dass Interesse für etwas geweckt wurde, das einen bisher nicht interessiert hatte. Oder auch ein Leben erzählt werden konnte, das üblicherweise selten seinen Weg in die Öffentlichkeit findet.

Das größte Privileg, das ich als Leiterin der Sendereihe "Im Gespräch" habe, ist, dass ich selbst aussuche, wer bei mir zu Gast ist und mit welchem Thema ich mich - und dadurch auch Sie sich, wertes Publikum - beschäftigen möchte. So ist es möglich, eine breite Palette an Bereichen und Lebenswelten zu erforschen und zu diskutieren.

Was mir auch immer wichtig ist: dass Frauen gleichermaßen zu Wort kommen wie Männer. Im Klartext bedeutete das: eine Frau - ein Mann, eine Frau - ein Mann. In jedem Monat. Nur im Frauenmonat März sind immer nur Frauen zu Gast in der Sendung.

Es ist Ulrike Leitner zu verdanken, dass Ihnen nun eine kleine Auswahl der über viele Jahre entstandenen Gesprächen in der von ihr initiierten Edition Ö1 digital zur Verfügung steht. Es ist auch Ulrike Leitner zu verdanken, dass in der ersten Ausgabe der Edition Ö1 digital fünf Frauen zu hören sind. Dafür und für die schöne und kreative Zusammenarbeit danke ich ihr von Herzen!

Ihnen wünsche ich nun große Ohren und viel Vergnügen beim Zuhören. Übrigens eine der wichtigsten Fähigkeiten, wenn wir in Frieden miteinander leben wollen.

Renata Schmidtkunz

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