Bücherstapel

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Kontext

Sachbücher und Themen

Von den Krisenherden dieser Welt über Entdeckungen der Neurowissenschaften bis zu den schönen Künsten. "Kontext" bietet Orientierungsservice im Sachbuch-Dschungel. Reportagen, Diskussionen, Rezensionen, Studiogespräche, Hintergrundberichte zu spannenden Büchern über Zeitgeschichte, Wirtschaft und Wissenschaft. Und ab und zu darf auch gelacht werden.

Susan Neiman: "Links ist nicht woke"

Die US-amerikanische Philosophin Susan Neiman wird gerade viel diskutiert, weil sie die Glaubenssätze der sogenannten Identitätspolitik aufs Korn nimmt. "Wokeness", so Susan Neiman, sei nicht progressiv, wie die Woken selbst, aber auch viele Rechte und Konservative glauben, Wokeness, so Neimans Hypothese, sei ein antiaufklärerischer Irrweg.

Susan Neiman, "Links ist nicht woke", übersetzt von Christiana Goldmann, Hanser

Günter Kaindlstorfer

Anja Zimmermann: "Brust"

Die Brust: Sie nährt, aber verführt auch, gilt als heilig oder verderbt, wird gezeigt oder verhüllt - je nach Zeitalter und Kulturkreis, Kontext und Blickrichtung. Brüste, so die Kunsthistorikerin Anja Zimmermann, sind bis heute ein Politikum, wenn sie abseits von Sauna und FKK-Strand öffentlich gezeigt werden, und selbst ihre "haltlose" Sichtbarkeit unter der Kleidung wird als unziemliche Provokation empfunden.

Anja Zimmermann, "Brust - Geschichte eines politischen Körperteils", Wagenbach

Andreas Puff-Trojan

Günther Haller: "Cafe Untergang"

Sie standen am Anfang ihrer Karrieren, waren zwischen 21 und 35 Jahre alt, und noch weit von ihren späteren einflussreichen Positionen entfernt, als sie sich 1913 alle in Wien aufhielten: Stalin, Trotzki, Hitler und Tito. Wer hier wem begegnet ist und was sie in Wien an Ideologie aufgesogen haben, das hat der Historiker und Journalist Günther Haller recherchiert. Was das alles über das Wien vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs und dem Zusammenbruch der Habsburger-Monarchie aussagt?

Günther Haller, "Cafe Untergang - Stalin, Hitler, Trotzki und Tito 1913 in Wien", Molden

Studiogespräch: Wolfgang Ritschl

"Die Wahrheit ist (n)irgendwo da draußen"

Aliens und ihre vermeintlichen Transportmittel, die Ufos, sind präsenter denn je - und das nicht erst, seit das Pentagon zugab, jeden Tag unerklärliche Flugphänomene zu beobachten. Die deutschen Journalisten und Verschwörungstheorie-Experten Christian Alt und Christian Schiffer haben sich nun auf die Suche nach den Hintergründen des aktuellen Ufo-Booms gemacht.

Christian Alt und Christian Schiffer, "Die Wahrheit ist (n)irgendwo da draußen - Was der neue Ufo-Hype über uns Menschen verrät", Goldmann

Ivo Kaufmann

Zerstörte Kirche in der Ukraine

PICTUREDESK.COM/AFP/DIMITAR DILKOFF

Christopher Blattman: "Warum wir Kriege führen"

Ein Szenario, den Krieg in der Ukraine zu beenden, ist derzeit nicht in Sicht. Welche Auswege es gibt, Kriege zu beenden, damit hat sich intensiv der US-amerikanische Wirtschafts- und Politikwissenschaftler Christopher Blattman beschäftigt.

Christopher Blattman, "Warum wir Kriege führen - Und wie wir sie beenden können", übersetzt von Birte Mühlhoff, Ch. Links Verlag

Madeleine Amberger

Charles King: "Odessa"

Gelegentlich wird Odessa als "Perle am Schwarzen Meer" bezeichnet, man kennt die Potemkin-Treppe aus Sergej Eisensteins Film, vielleicht noch Isaak Babels Gauner-Geschichten aus Odessa. Aber eigentlich ist die Stadt ein Mythos. Zumindest war das so bis zum aktuellen russischen Krieg gegen die Ukraine, in dem auch Odessa zum regelmäßigen Angriffsziel von Putins Raketen wurde.

Charles King, "Odessa - Leben und Tod in einer Stadt der Träume", übersetzt von Marek Feldon, Edition Tiamat

Erich Klein

Lisz Hirn: "Der überschätzte Mensch"

Groß ist die Übereinkunft, dass der Mensch kein Tier ist. Oder zumindest das einzige, das nicht von anderen Tieren gefressen wird. Nun hat der Mensch aber auch Maschinen geschaffen, die ihm bald schon überlegen sein könnten. Nicht nur in Teilbereichen, sondern insgesamt. Und wenn man diesen Maschinen die Frage stellt, wie man die Klimakatastrophe abwenden kann, könnte die Antwort lauten: durch Ausschaltung des Menschen. Hinter der Fassade der Selbstüberschätzung entdeckt die Philosophin Lisz Hirn das höchst fragile Wesen Mensch, das auf der Suche nach einer neuen Selbstbestimmung ist. Ein Studiogespräch über Kannibalismus, Künstliche Intelligenz und Zukunftsberufe.

Lisz Hirn, "Der überschätzte Mensch - Anthropologie der Verletzlichkeit", Zsolnay

Studiogespräch: Wolfgang Ritschl

"Das Farbenbuch"

"Farben sind das Lächeln der Natur." Man muss es nicht so poetisch formulieren wie der englische Romantiker Leigh Hunt, um zu wissen: Ein Leben in Schwarz-Weiß würden die meisten Menschen wahrscheinlich als freudlos empfinden. Das strahlende Rot eines Apfels, das satte Gelb einer Dotterblume oder das Indigoblau einer Sommernacht am Meer – all das bringt jene Sinnlichkeit in die Welt, die das Leben erst so richtig lebenswert und "saftig" macht.

Stefan Muntwyler, Juraj Lipscher und Hanspeter Schneider (Hrsg.), "Das Farbenbuch", alataverlag

Günter Kaindlstorfer

Ausschnitt des Buchcovers

DROEMER VERLAG

Evelyn Roll: "Pericallosa"

Evelyn Roll, Journalistin bei der "Süddeutschen Zeitung", ist bekannt für ihre geschliffene Feder und für einen anschaulichen Erzählstil. Die vielfach ausgezeichnete Journalistin und Expertin für politische Biografien hat sich auch intensiv mit neurowissenschaftlicher Fachliteratur beschäftigt. Als hätte sie geahnt, dass ihr 2011 eine Arterie im Gehirn platzen würde. Wie durch ein Wunder überlebt sie eine lebensbedrohliche Notoperation. Die Journalistin empfindet es so, dass das "Monster" in ihrem Kopf, ein Aneurysma Pericallosa, sie beauftragt habe, verschüttete Erinnerungen und Lebenslügen freizulegen.

Evelyn Roll, "Pericallosa - Eine deutsche Erinnerung", Droemer Verlag

Maicke Mackerodt

Joseph Silk: "Zurück zum Mond"

Indien hat am 23. August als viertes Land der Welt einen Rover auf den Mond gebracht. Davor waren nur die USA, China und Russland mit Geräten auf dem Mond. Indien sucht nach weiteren Spuren von gefrorenem Wasser auf dem Mond. Das ist der Schlüssel für das eigentliche Ziel aller Nationen: Menschen auf den Mond zu bringen und Mondstationen zu errichten.

Joseph Silk, "Zurück zum Mond - Der nächste große Schritt für die Menschheit", übersetzt von Doro Siebecke und Norbert Juraschitz, Finanzbuch Verlag

Ulrike Schmitzer

Tillmann Bendikowski, "Himmel hilf!"

Klopfen Sie manchmal auf Holz, haben Sie einen Glücksbringer oder gehen Sie partout nicht unter einer Leiter durch? Der Aberglaube hat, ob wir wollen oder nicht, als kollektive Erfahrung noch immer einen festen Platz in unserem "mentalen Rucksack", ist der Historiker Tillmann Bendikowski überzeugt. In Krisenzeiten, das hat die Corona-Pandemie deutlich gemacht, erlebt das magische Denken stets eine Konjunktur - verspricht es doch für jede Form der Angst eine Problemlösung. Es beruhigt also, steht dabei aber stets in Konkurrenz mit anderen Glaubenssystemen, religiösen oder politischen.

Tillmann Bendikowski, "Himmel hilf! - Warum wir Halt in übernatürlichen Kräften suchen: Aberglaube und magisches Denken vom Mittelalter bis heute", C. Bertelsmann Verlag

Studiogespräch: Wolfgang Ritschl

Gerald Krieghofer: "Die besten falschesten Zitate"

"Lass dich nicht unterkriegen; sei frech, wild und wunderbar": Dies meinte einst Pippi Langstrumpf, das wohl berühmteste Anarcho-Kind der Weltliteratur. Auch wenn diese Worte auf Postkarten, Visitenkarten von Motivationstrainern oder in Social Media-Memes ihr in den frechen Mund gelegt werden, hat sie sie jemals wirklich gesagt? Der Wiener Philosoph und Autor Gerald Krieghofer meint "nein". Seit bald zehn Jahren betreibt er einen Blog, in dem er falschen Zitaten nachspürt. So wurde er im gesamten deutschsprachigen Raum mittlerweile zu einem gefragten Faktenchecker in Sachen Zitate.

Gerald Krieghofer, "Die besten falschesten Zitate": Was Einstein, Freud und Pippi Langstrumpf so nie gesagt haben, recherchierte der Zitatforscher, Molden Verlag

Ivo Kaufmann

Frau mit einem roten Handabdruck im Gesicht

APA/AFP/PEDRO PARDO

Christina Clemm: "Gegen Frauenhass"

16 Femizide und 32 Mordversuche hat es 2023 in Österreich laut der Statistik des Vereins Autonome österreichische Frauenhäuser bis Anfang August gegeben. In Deutschland wurden in diesem Zeitraum 136 Frauen und Mädchen getötet, zudem 103 Frauen teils lebensgefährlich verletzt und weitere 21 Frauen mit dem Tode bedroht. Allzu verwunderlich sind diese Zahlen nicht, wenn man an eine Untersuchung aus dem Jahr 2021 denkt. Da gaben in Österreich drei Viertel aller Frauen an, sexuelle Belästigung erlebt zu haben, nahezu ein Drittel aller Frauen hat sexuelle Gewalt erfahren. Christina Clemm, Rechtsanwältin für Straf- und Familienrecht in Berlin, vertritt seit fast dreißig Jahren Opfer geschlechtsspezifischer und rassistisch motivierter Gewalt vor Gericht.

Christina Clemm, "Gegen Frauenhass", Hanser

Andrea Roedig

William MacAskill: "Was wir der Zukunft schulden"

Es reicht nicht aus, den Klimawandel einzudämmen oder die nächste Pandemie zu verhindern, ist William MacAskill überzeugt. Wir müssen sicherstellen, dass sich die Menschheit nach einem Kollaps auch wieder erholen kann. Unser heutiges Handeln muss nicht nur die Konsequenzen für die nächsten Generationen miteinbeziehen, sondern auch die Folgen für die Menschheit in einer weit entfernten Zukunft.

William MacAskill, "Was wir der Zukunft schulden - Warum wir jetzt darüber entscheiden, ob wir die nächste Million Jahre positiv beeinflussen", Siedler

Uli Jürgens

Martin Andree: "Big Tech muss weg!"

Sind Sie gerade auf Wohnungssuche? Dann stellen Sie sich doch bitte einmal Folgendes vor: Die meisten Wohnungen gehören einer Firma namens Immosucker. Für die Suche von Wohnungen gibt es Vermittlungsplattformen, aber auch die gehören Immosucker. Die wenigen verbliebenen Anbieter von Wohnungen, die es gibt, können ihre Angebote ebenfalls nur über eine Immosucker-Plattform anbieten. Und fast alle Makler im Markt arbeiten bei Immosucker. Mit diesem auf monströse Weise absurden Beispiel veranschaulicht der Medienwissenschaftler Martin Andree die derzeitige marktbeherrschende Stellung von Google beziehungsweise Alphabet auf dem Markt der digitalen Werbung. Monopolsituationen sind auch im Bereich der digitalen Medien entstanden. Wenn wir nichts unternehmen, dann werden die Digitalkonzerne 2029 die Macht übernehmen – und damit sowohl Demokratie als auch Wirtschaft zerstören.

Martin Andree, "Big Tech muss weg! Die Digitalkonzerne zerstören Demokratie und Wirtschaft - wir werden sie stoppen", Campus

Studiogespräch: Wolfgang Ritschl

bell hooks: "Selbstliebe"

Zeitlebens beschäftigte sich die US-amerikanische Autorin bell hooks mit Antirassismus, Schwarzem Feminismus und sozialen Klassen. 2021 verstarb sie und hinterließ zahlreiche Bücher, die noch nicht ins Deutsche übersetzt sind, wie das soeben erschienene "Selbstliebe - Über Herkunft und Gerechtigkeit". Darin wirft sie einen Blick auf das Machtgefüge aus Politik, Medien und Gesellschaft, das bestimmt, ob und wie sich Menschen selbst lieben. Der Fokus liegt dabei auf dem Zustand Schwarzer Identität in den USA der Gegenwart und warum Selbstliebe hier der Schlüssel zu mehr Selbstbestimmung ist.

bell hooks, "Selbstliebe - Über Herkunft und Gerechtigkeit", übersetzt von Elisabeth Schmalen, Harper Collins

Marlene Nowotny

Wolfgang Struck: "Flaschenpost"

Beschriebene Zettel, die in Flaschen auf dem Meer treiben: Alles Mögliche kann da drauf stehen, ein Ruf nach Rettung von einer einsamen Insel, ein Liebesschwur oder ein Kochrezept. Kindern etwa bringt der Hase Felix in einem Buch charmant die Küchen der Welt nahe durch Rezepte in Flaschenposten. In der Realität kommen Botschaften nicht so einfach an den gewünschten Empfänger, denn Meeresströmungen, der Wind und andere Unbill treiben die Nachrichten vielleicht in eine gänzlich falsche Richtung. Dass das auch nützlich sein kann, zeigt ein legendäres Experiment, das den Kern des Buches „Flaschenpost“ von Wolfgang Struck ausmacht.

Wolfgang Struck, "Flaschenpost - Ferne Botschaften, frühe Vermessungen und ein legendäres Experiment", Mare Verlag

Uli Jürgens

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