Gedanken für den Tag

"Sein besonderes Leben" - Zum 100. Todestag von Henry Dunant. Von Ines Knoll

Ines Knoll ist evangelische Pfarrerin.

Henry Dunant wurde am 8. Mai 1828 in Genf als Sohn eines Kaufmannes geboren, der ihm schon sehr früh Weltoffenheit vermittelte. Seine Mutter hielt auf eine streng protestantische Erziehung und weckte in ihm das Interesse für die Benachteiligten und Schwachen; so half er Armen, besuchte Kranke und Gefängnisinsaßen und war Mitglied der sogenannten "Almosen Liga". In Solferino wurde Henry Dunant am Abend des 24. Juni 1859 Zeuge einer wüsten Schlacht zwischen den Truppen der Österreicher und den verbündeten Heeren der Italiener und Franzosen. Dort standen sich 300.000 Soldaten gegenüber.

Genau dieses Erlebnis sollte der Auslöser für ein weltweit vernetztes Hilfswerk, das "Rote Kreuz", bzw. später auch der "Rote Halbmond" werden. Als Höhepunkt einer Menge von Auszeichnungen und Ehrungen erhielt Dunant für sein Lebenswerk 1901 den ersten Friedensnobelpreis. Er starb am 30. Oktober 1910 im Alter von 82 Jahren in der Schweiz. In der Woche vom 25. bis zum 30. Oktober spricht Ines Knoll über sein Vermächtnis.

Morgen ist der 100. Todestag von Henry Dunant. Der Schweizer Protestant hatte sich von seiner und jeder anderen organisierten Religion losgesagt. "Ich wünsche zu Grabe getragen zu werden wie ein Hund, ohne eine einzige von euern Zeremonien, die ich nicht anerkenne", schrieb er - und weiter: "Ich bin ein Jünger Christi wie im ersten Jahrhundert, und sonst nichts."

Seine Erfahrung, Verletzte und Sterbende auf dem Schlachtfeld von Solferino hilflos liegen zu sehen, hatte zur Gründung des "Roten Kreuzes" - und des "Roten Halbmonds" geführt. Neben der weltweiten Pflege Verwundeter und Kranker beobachten seine Erben heute die Einhaltung des humanitären Völkerrechts insbesondere der Genfer Konventionen.

Ein rotes Kreuz, ein roter Mond auf weißen Grund. Fahnen, die anders wehen als die Zeit. Eine Offenbarung ist darin, das Bild verkündet eine neue Möglichkeit, eine Wirklichkeit, die schon ist in der Welt. Nämlich: Sie könnte immer so sein und mehr. Dieser Mehrwert ist in der Welt, seit es das gibt: Ein rotes Kreuz, ein roter Mond auf weißem Grund.

Henry Dunant, ihm verdankt sich das Bild. Er hat von einem menschlichen Gefühl gesprochen, das nicht umsonst sei: "Das Mitgefühl". Es "ist nie verschwendet, es sei denn, man hat Mitleid mit sich selbst." Eine radikale Ich-Ansage dessen, der so gehandelt hat. Mitgefühl für den leidenden Menschen zu haben und nicht zu fragen, ob einer es wert sei. Ungeachtet der Herkunft, des Ansehens, der Bildung, der Religion - aber aus tiefer Achtung dem Mensch gegenüber, der in Schmerz und Not ihn anblickt, der Hilfe bedürftig, hat er sich gesammelt zur Tat. Zu diesem Werk der Menschlichkeit, das Mut macht. Feindbilder braucht es nicht, dazu ist keine Zeit.

Eigentlich nie. Zu diesem Eigentlich nie könnte das Bild auf weißem Grund sich einprägen in unser Heute, unser Hier-Leben: "Der Feind, unser wahrer Feind, ist nicht die Nachbarnation", sagt Dunant, überhaupt keine Nation oder Religion, möchte ich ergänzen. "Der Feind, unser wahrer Feind es sind Hunger, Kälte, Armut, Unwissenheit, Gewohnheit, Aberglaube und Vorurteile."

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