Gedanken für den Tag

"Dies kleine Mädchen Hoffnung - Unsterblich!" von Hubert Gaisbauer

Hubert Gaisbauer lebt als Publizist in Krems.

Vor fast genau 100 Jahren schrieb der französische Philosoph und Dichter Charles Péguy sein bekanntes Werk "Das Mysterium der Hoffnung". Péguy (1873-1914) war unkonventionell gläubiger Katholik, immer solidarisch mit seiner atheistischen Frau. Gegen die "Sünde der Verzweiflung" setzt er auf "das kleine Mädchen Hoffnung", das seinen "großen Schwestern Glaube und Liebe" vorausläuft.

Charles Péguy zählte zu den Lieblingsschriftstellern von Thomas Bernhard. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer.

Es waren glühende Gestalten, die man dem Renouveau catholique zuzählt, dieser katholischen Erneuerungsbewegung von Literatur und Gesellschaft im frühen 20. Jahrhundert. Bernanos, Bloy, Claudel - um nur einige zu nennen. Und natürlich Charles Péguy. "Es hängt von uns ab", schrieb er, "dass die Hoffnung nicht lügt in der Welt.."

Glühend, radikal, kompromisslos.

"Es liegt an uns, dass dem Schöpfer nicht sein Geschöpf fehle, dass dem Ganzen nicht ein Teil fehle, dass dem Ewigen nicht das Vergängliche fehle ... wenn er all seine Schafe zählt, es kann seiner Liebe fehlen, es kann seine Hoffnung Lügen strafen."

Charles Péguy wurde von seiner Mutter traditionell katholisch erzogen, der Vater, ein Tischler, war bald nach Charles' Geburt gestorben. Die Mutter flicht solche Stühle, wie sie Van Gogh gemalt hat. Charles bricht eine Universitätslaufbahn ab, wird Buchhändler und Verleger, ist Sozialist und antiklerikal. Mit 24 heiratet er zivil die konfessionslose Schwester seines verstorbenen Freundes, mit der er bald drei Kinder hat. Was er selber schreibt, druckt und vertreibt er auch selber in den sogenannten "Heften", den Cahiers de la Quinzaine. Dass er sich bald wieder dem christlichen Glauben zuwendet, sieht er selber nicht als Rückkehr, sondern als Entdeckung, als eine Vertiefung seiner sozialistischen Überzeugung. 1908 gesteht er einem Freund: "Ich habe den Glauben wiedergefunden". Wie es dazu kam, weiß niemand. Auch Péguy selber nicht: "Die Gnade berührt die Herzen, wenn man am wenigsten damit rechnet." Was aber dann, wenn wir an diesem Tag, an dem man uns ruft, nicht da sind, nicht bei uns zuhause? "Welche erschreckende Freiheit des Menschen!", schreibt Péguy, "dass Gott unser bedarf, wie unvorsichtig dieses Vertrauen! Welche Entäußerung seiner selbst, seiner Macht, welch unheilbare Stärke der Hoffnung. Auf uns."

Service

Buch: Charles Péguy, Das Tor zum Geheimnis der Hoffnung, Johannes Verlag Einsiedeln 2007

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