"Irgendwie weiterleb'm ..."

Der Wiener Dialektdichter Herbert Pirker. Gestaltung: Roland Knie

Wenn einer im Dialekt dichtet, ob ihm Wienerischen oder sonsteinem, dann wird's sehr leicht peinlich. Viel leichter noch als bei lyrischen Herzensergießungen der üblichen Art, vom Stammbuchvers bis zur Stammtischzote, vom Familienfeiergedicht bis zu manchem, was zu allgemeinem Stimmungsgebrauch ohne weiteres veröffentlicht wird.

Der Dialekt hat's in sich: er ist sowohl dem Gemüt als auch dem Gehirn, sowohl der Realität als auch dem Gedanken am nächsten, er ist ursprüngliche, gerade erst auf die Welt gebrachte und auf sie angewandte Sprache und hätte daher echt zu sein und authentisch wie keine andere; anders hat Dialektdichtung keine Existenzberechtigung.

Umso heftiger wird sie missbraucht, gedankenlos um die Welt gesetzt, lieblos zusammengereimt und zur billigen Sentimentalität gezwungen. Es ist kein Wunder, dass die poetische Kritik in den fünfziger Jahren sich die Dialektlyrik radikal zur Brust nahm - und noch viel weniger Wunder, dass daraus viel Beachtliches, manches Genialische und auffallend viel eitler Mist entstanden.

Viel eher ein Wunder ist es, dass auch heutigentags der Dialekt (der ja seinerseits in arger Bedrängnis ist) sich da und dort einen Dichter findet, der das nötige Rüstzeug hat: Sprachverständnis und -empfindlichkeit sowie künstlerisches Können selbstverständlich, aber auch, und ja nicht zuletzt: Liebe zur Sprache, Hingabe an sie und ein untrügliches Sensorium für falsche Töne.

Herbert Pirker, gebürtiger Wiener und vor kurzem fünfundsiebzig geworden, verfügt über all das, und souverän noch dazu.

Er ist kein Experimentator, kein Lautanalytiker, er dringt nicht in unerhörte poetische Gefilde vor - aber er weiß aus dem Selbsterhörten präzise zu berichten und daraus Miniaturen und Wortveduten zu formen. Und er weiß, wie leider nur wenige andere: Nichts ist falscher als falscher Dialekt ...

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