Gedanken für den Tag

"Zum 25. Todestag des Künstlers Joseph Beuys" von Johanna Schwanberg

Johanna Schwanberg ist Kunstkritikerin und Universitätsassistentin für Kunstwissenschaft und Ästhetik in Wien und Linz.

25 Jahre nach seinem Tod beschäftigt Beuys als "spiritueller Schamane" und "messianischer Gesellschaftsutopist" die Kunstwelt wie die Öffentlichkeit in einem Maße wie das nur selten sonst bei Kunstschaffenden der Fall ist. Das liegt vor allem daran, dass Beuys' Arbeits- und Denkweise als "Architekt an der Gesellschaft" und als "Bewahrer der Natur" weit über die Kunst hinausging. In den Gedanken für den Tag rund um seinen Todestag am 23. Jänner spricht die Kunstkritikerin Johanna Schwanberg anhand zentraler Werke wie "Zeige deine Wunde" , "Celtic" oder "Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt" die spirituelle Dimension und die christliche Symbolik in der Beuys'schen Kunst an. Schlüpfte doch Beuys immer wieder in die Rolle eines Priesters, so dass sein Werk neben den gesellschaftspolitischen Aspekten von einem enormen spirituellen Sendungsbewusstsein geprägt ist. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

Kreativität

Am 23. Jänner vor 25 Jahren starb Joseph Beuys. Als Kunstguru verehrt wie kein Zweiter. Zugleich auch gerade wegen seines spirituellen Sendungsbewusstseins umstritten. Was blieb von dem großen Reformer und Utopisten, der Wien einmal verärgert verlies, als man ihn im Café Sacher zwingen wollte, weinen legendären Hut abzunehmen?

Ob Wahrheit oder Legende: Der 1921 in Krefeld geborene Künstler gab stets eine persönliche Grenzerfahrung als Ursprung seines künstlerischen und gesellschaftspolitischen Handelns an. Als er im 2. Weltkrieg auf der Krim mit einem Flugzeug abstürzte, pflegten Tataren den Schwerverletzten, wie er sich stets dankbar erinnerte: "Hätte es die Tataren nicht gegeben, ich wäre heute nicht mehr am Leben.Sie rieben meinen Körper mit Fett ein, damit die Wärme zurückkehrte und wickelten mich in Filz ein, weil Filz die Wärme hält." Filz und Fett wurden in der Folge auch zu den bevorzugten Materialien des Künstlers.

Als Waldorfschülerin hatte ich schon früh mit der Beuys'schen Denkweise Kontakt. Ich stand ihr nicht ausschließlich positiv gegenüber. Als Studentin war mir das stark Vergeistigte seiner Kunst sogar ziemlich suspekt. Jahre älter und oft verärgert über die konsumorientierte Leistungsgesellschaft, bemerke ich immer mehr, wie visionär Beuys' Gedanken waren. Seine Utopie lag darin, den künstlerischen Prozess auf alle Lebensbereiche auszudehnen: Auf die Erziehung, das Geldwesen, die Landwirtschaft oder den Maschinenbau. Die Wertschätzung der Kreativität macht Beuys in Zeiten, in denen überall von "Kreativwirtschaft" die Rede ist, aktueller denn je. Dabei meinte Beuys mit seinem sogenannten "erweiterten Kunstbegrif" keineswegs, wie oft missverstanden, dass jeder Mensch gut zeichnen oder malen kann. Er versuchte damit einfach zu sagen, dass alle Träger von schöpferischer Energie sind. Dies führte zu seinem berühmten Ausspruch: "Jeder Mensch ist ein Künstler".

Service

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Sendereihe

Playlist

L,K: Richard Rijnvos
Titel: RICHARD RIJNVOS: BLOCK BEUYS
Titel: Block Beuys - Raum 1 < für Tonband mit 11 Instrumentalisten : Schlagwerk, 2 Klaviere, 7 Streicher >
Ausführende: Ives Ensemble
L,K: Richard Rijnvos
Länge: 01:10 min
Label: Hat Hut Rec. / hat [ now ] ART 147

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