Dimensionen - Die Welt der Wissenschaft

Webers neue Kleider. Kritik einer berühmten Theorie. Gestaltung: Johann Kneihs

Die moderne, kapitalistische Welt entstand in engem Zusammenhang mit Religion: nämlich aus der Berufsethik des calvinistischen, pietistischen und methodistischen Protestantismus in den Niederlanden, England und im puritanischen Neuengland. So will es eine These von Max Weber (1864 - 1920), Mitbegründer der heutigen Soziologie. Seine Studie "Die protestantische Ethik und der 'Geist' des Kapitalismus" erregte schon bei ihrem ersten Erscheinen 1904/1905 Aufsehen und gehört inzwischen zum Lehrbuchwissen. Nicht zuletzt in der anglo-amerikanischen akademischen Welt scheint ihre Aussage Gemeingut zu sein.

Aber stimmen die Annahmen überhaupt? Kritiker, wie vor kurzem der Soziologe Heinz Steinert in seinem Buch "Max Webers unwiderlegbare Fehlkonstruktion", weisen auf die Unschärfe in Webers Definitionen und Schlüssen hin. Die historischen Befunde sind widersprüchlich: Eine asketische Arbeitsethik herrschte auch in katholischen Klöstern; in den katholischen Städten Norditaliens entstanden zumindest Vorformen des Kapitalismus; das calvinistisch reformierte Schottland dagegen stagnierte wirtschaftlich. Ist an der Beziehung zwischen Religion und Ethik, Wirtschaftsform und wirtschaftlichem Erfolg gar nichts dran? Wenn nicht - warum konnte Webers Theorie rund hundert Jahre lang als kanonisiert gelten?

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