Gedanken für den Tag

4. Mai 2011, 06:57

Cornelius Obonya ist Schauspieler.

In den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts war der indische Dichter und Universalgelehrte Rabindranath Tagore in Europa eine Kultfigur. Für seinen Gedichtband "Gitanjali" (Liedopfer) erhielt Tagore 1913 als erster Schriftsteller außerhalb des westlichen Kulturkreises den Nobelpreis für Literatur. Tagore gilt seitdem als Figur der Weltliteratur und wurde mit Goethe und Dante verglichen. Weltweit wurde er auf seinen zahlreichen Auslandsreisen gefeiert und geehrt. Man sah in dem Freund und Förderer Mahatma Gandhis einen Vorkämpfer für politische und religiöse Toleranz und den Verkünder eines erneuerten spirituellen Lebens.

Cornelius Obonya, vor kurzem als "Schauspieler des Jahres" ausgezeichnet, liest und interpretiert Gedichte des indischen Dichters. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer.

Ich nahm des Augenblicks nicht wahr,
wo ich zum ersten Mal die Schwelle
dieses Lebens überschritt.

 Als ich am ersten Morgen aufsah
in das Licht, erkannt' ich plötzlich,
dass ich auf dieser Welt kein Fremdling war.
Das Unerforschliche, das weder Form
noch Namen hat, nahm mich in seine Arme -
in meiner lieben Mutter Arme.

Genauso wird im Tod das gleiche Unbekannte
mir erscheinen als etwas, was ich stets gekannt.
Und weil ich dieses Leben liebe,
werd' ich gewiss den Tod genauso lieben.

Das Kind weint auf, wenn es die Mutter
wegnimmt von der rechten Brust,
und findet an der linken schon
im nächsten Augenblick den vollen Trost.

Service

Buch, Rabindranath Tagore, Das goldene Boot, Artemis & Winkler
Buch, Rabindranath Tagore, Gitanjali, Hyperion-Verlag

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