Radiogeschichten

"Das Ende einer Welt". Von Wolfgang Hildesheimer. Es liest Peter Matic. Gestaltung: Edith Vukan

Es ist eine besondere Ehre, bei einer der Gesellschaften der Marchesa Montetristo eingeladen zu sein, denn hier trifft sich nur, was im Kulturbetrieb Rang und Namen hat. Die Marchesa stammt zwar eigentlich aus Ohio, hat sich aber in der Nähe Venedigs eine Insel aufschütten lassen, um hier ihr Leben voll und ganz der Kultur des "Altbewährten und Vergessenen" zu widmen. Der Ich-Erzähler weiß die Einladung in den venezianischen Palazzo entsprechend zu würdigen; der Schriftsteller Wolfgang Hildesheimer nutzt die Gelegenheit, eine Satire auf den Kulturbetrieb der 1950er Jahre zu verfassen.

Wolfgang Hildesheimer - geboren 1916 als Sohn jüdischer Eltern in Hamburg, gestorben 1991 in Poschiavo in der Schweiz - war Schriftsteller und Maler. Er ist vor allem durch seine Hörspiele und Dramen bekannt geworden und zählte zu den wichtigsten Literaten Deutschlands nach 1945.

Nach dem Schulbesuch in Deutschland und England absolvierte Hildesheimer eine Tischlerlehre in Palästina, wohin seine Eltern emigriert waren. Ab 1937 studierte er Malerei, Grafik und Bühnenbildnerei in London. Nach dem Ausbruch des 2. Weltkriegs kehrte er nach Palästina zurück.

1946 begann er seine Tätigkeit als Simultandolmetscher bei den Nürnberger Prozessen. Nach grafischen und journalistischen Arbeiten wurde er 1950 Schriftsteller. Hildesheimer war Mitglied der Gruppe 47 und erhielt zahlreiche Literaturpreise.

Seine erste Buchveröffentlichung, Erzählungen unter dem Titel "Lieblose Legenden", zählen zu den Klassikern der deutschen Nachkriegsliteratur. Es folgen viele Hörspiele und Theaterstücke, Beiträge zum Theater des Absurden. Mit seinem "Mozart"-Buch sorgte er für Aufregung, kam dieses doch einer Zertrümmerung des gängigen Mozart-Bildes gleich.

Anfang der 1980er Jahre beendete Hildesheimer seine Arbeit als Schriftsteller und widmete sich wieder der bildenden Kunst - der Malerei und den Collagen.

Service

"Die besten deutschen Erzählungen". Herausgegeben von Marcel Reich-Ranicki, Insel Verlag 2010

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