Spielräume - Nachtausgabe

24. Juni 2011, 23:00

Rio de Janeiro im Jahr 1956: Der brasilianische Filmkritiker, Schriftsteller und Diplomat Vinícius de Moraes sitzt mit dem Musikkritiker Lúcio Rangel im Nachtklub Vilarinho. Vinícius fragt seinen Freund, ob er nicht einen guten Komponisten zur Vertonung seines Theaterstückes "Orfeu da Conceição" wüsste, und Rangel deutet sofort auf den Barpianisten, der hier wöchentlich spielt. Der Schriftsteller ist skeptisch - der Pianist auch. "Und, springt dabei auch was heraus?", ist dessen einzige Frage. Doch nach einer positiven Antwort macht er sich noch in der Bar ans Komponieren.

Der Pianist heißt Antônio Carlos Jobim. Die Begegnung markiert den Beginn einer neuen Ära in der brasilianischen Musik. Wenig später kommt noch ein Dritter dazu: der Sänger und Gitarrist João Gilberto. Gemeinsam erfinden die drei Herren nicht mehr und nicht weniger als einen neuen Musikstil, indem sie die Gewalt des Samba zähmen und ihn in introvertierte, minimalistische und zutiefst lyrische Musik verwandeln.

Die "Bossa Nova" war der perfekte Ausdruck des Modernisierungsschubs, den Brasilien seit den späten 50er Jahren erlebte. Die Städte Rio de Janeiro und São Paulo wuchsen, urbaner Lebensstil breitete sich aus und mit ihm der VW-Käfer, das Fernsehen und ein chices Nachtleben in den großen Zentren. Kino, Literatur und Musik blühten im Ausdruck des eigenen Zeitgeistes, und die Künstler Brasiliens entdeckten den Lifestyle der Bohème.

Schnell sprang das Bossa-Nova-Fieber auf die USA über. Tom Jobim, Astrud und João Gilberto landeten 1962 mit "Girl from Ipanema" einen Welthit. Die "neue Welle" wurde häufig kopiert, nicht selten verwässert und manchmal gar zu einem Synonym für dahinplätschernde Hintergrundmusik. In dieser "Spielräume - Nachtausgabe" wird das Phänomen Bossa Nova in all seinen Facetten beleuchtet. Musiker/innen werden live Klassiker des Bossa-Nova-Kanons präsentieren und mit weiteren Gästen über die heitere Melancholie und andere Besonderheiten dieses Musikstils diskutieren.

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