Radiokolleg - J. S. Bachs Kunst der Fuge

Die Hohe Schule barocker Kompositionslehre (3). Gestaltung: Martin Adel

"Die Kunst der Fuge" Johann Sebastian Bachs ist als singuläres Werk in die Musikgeschichte eingegangen - zugleich mit ungezählten Widersprüchen. Zunächst, es ist Fragment geblieben und gilt doch als Schlussstein im Kuppelbau barocker polyphoner Kompositionstechnik. Bach hat die 14 Fugen und vier Kanons - er selbst hat sie als Contrapunctus I bis Contrapunctus XVIII bezeichnet - als Lehrstücke komponiert, heißt es, und doch ist es fast unmöglich, trotz der formalen Strenge der Kompositionstechnik nicht unmittelbar vom Hörerlebnis berührt zu werden.

Auch unterstreicht die Ausdrucksvielfalt die Annahme, es sei die Kunst der Fuge nicht nur für kanonische Lehrzwecke entstanden. Vielleicht spielt hier jedoch auch mit, dass viele in ihr das geniale, aber schon unverstandene Vermächtnis eines einsamen und erblindenden alten Meisters sehen; doch scheint es verbürgt, dass Bach bereits ab 1742 (d. h. acht Jahre vor seinem Tod) die Arbeit an der Kunst der Fuge aufnahm und zu dieser Zeit als hochgeschätzter Komponist und Organist (und als geladener Gast!) mehr reiste als je zuvor.

Andererseits spricht für den Charakter von Modellkompositionen, dass ungeklärt bleibt, für welche Instrumente oder welches Soloinstrument die Sätze von Bach geschrieben wurden. Tatsache ist, dass - abgesehen von Mozarts Requiem - über kaum ein Werk so viele Mutmaßungen angestellt worden sind. Während die einen daran festhalten, Bach sei über der Komposition des Contrapunctus XVIII (mit dem Thema b-a-c-h) verstorben, vertreten andere die Ansicht, die Komposition sei seit 1749 unfertig herumgelegen, weil Bach Wichtigeres zu tun hatte, nämlich die Arbeit an der h-Moll-Messe abzuschließen.

Nicht zu vergessen: gleichzeitig arbeitete Bach in "höherem" Auftrag an den "Kanonischen Veränderungen über Vom Himmel Hoch", den "Vierzehn Kanons über die ersten Fundamentalnoten der Goldberg-Variationen" und am "Musikalischen Opfer" - mit sechsstimmigen (!) Fugen über ein Thema Friedrichs II. und ebenso ohne Angabe zur Instrumentierung. Aber wie auch immer: am Wunderwerk der Kunst der Fuge ändert das alles nichts.

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach
Gesamttitel: Die Kunst der Fuge BWV 1080
Titel: Contrapunctus 3
Ausführende: Hesperion XX
Leitung: Jordi Savall /Diskantgambe
Länge: 00:45 min
Label: Auvidis Astree E 2001

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach
Titel: Die Kunst der Fuge BWV 1080
Titel: Contrapunctus 1
Ausführende: Hesperion XX
Leitung: Jordi Savall /Diskantgambe
Länge: 00:35 min
Label: Auvidis Astree E 2001

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach
Gesamttitel: Die Kunst der Fuge BWV 1080
Titel: Contrapunctus 6 im Stile francese
Ausführende: Hesperion XX
Leitung: Jordi Savall /Diskantgambe
Länge: 01:30 min
Label: Auvidis Astree E 2001

Titel: Track 09
(The Art of the Fugue)
I: Robert Hill
Länge: 00:05 min
Label: Hänssler Edition Bachakademie 92.134

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