Radiokolleg - Vom Ursprung der Wissenschaften

Welt-Ordnung, Welt-Erfahrung, Welt-Erklärung (2). Gestaltung: Martin Adel

Das Lieblingswort Nick Knattertons, der Detektiv-Comic-Figur mit der Lupe stets bei der Hand, ist: "Kombiniere!". Die Logik in der Beweisführung (d. h. rational formale Ausschlussverfahren bzw. Schlussfolgerungen) ist eine nicht zu überschätzende kulturelle Leistung und nach heutiger allgemeiner Ansicht, was "Wissenschaft" sei, immer noch deren Essenz. Nicht zu vergessen ist jedoch die Empirie, das Sammeln von Beobachtungen und Erfahrungen der sinnlich erfahrbaren Welt.

Wo fängt wissenschaftliches Denken an? Vielleicht dort, wo beide Ansätze aufeinandertreffen, die sensualistische Erfahrung und die abstrakte Logik. So gesehen führt die Spurensuche nach dem Ursprung von wissenschaftlichem Denken in das alte Griechenland, zu den Vorsokratikern und zu Plato. Welche Umstände führten zu diesem "griechischen Wunder", das innerhalb der vergleichsweise kurzen Zeitspanne (grob gesprochen) zwischen dem 7. und 3. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung jene Grundgedanken entwickelte, die das abendländische Denken bis heute maßgeblich beeinflussen? Trotzdem ist es nur ein Modell, denn es gibt nicht EINE Wissenschaft.

Damit geht es auch um die prinzipielle Fragestellung, in welcher Weise und unter welchen Umständen Wissen generiert wird bzw. bestimmte Wissensinhalte und Theorieansätze begünstigt werden. Daraus sollte klar werden, dass - nicht nur systemtheoretisch - verschiedene Ansätze gleichzeitig bestehen können und nicht notwendigerweise nur in Konkurrenz zueinander, teilweise nicht einmal in offenem Widerspruch. Schließlich lautet das allgemeinste Wissenschaftsparadigma unserer Gegenwart (verkürzt gesagt): Nichts kann wahr sein, was nicht auch falsch sein kann. Ein absolut Wahres gibt es eben nur im Glauben, nicht im Wissen. Ähnliche Überlegungen stellten schon die alten Griechen an.

Service

Manfred E. A. Schmutzer: Die Geburt der Wissenschaften. Panta Rhei (erscheint im Sept. 2011 bei Verlag Velbrück / Wissenschaft).
Edgar Zilsel: Die sozialen Ursprünge der neuzeitlichen Wissenschaft; (Hg. Und übersetzt von Wolfgang Krohn) stw 152 (Suhrkamp).
Joachim Bromand und Guido Kreis (Hg.): Gottesbeweise von Anselm bis Gödel; stw 1946.
Karin Knorr Cetina: Wissenskulturen. Ein Vergleich naturwissenschaftlicher Wissensformen; stw 1594.
Paul Veyne: Glaubten die Griechen an ihre Mythen?; (Übers.: aus dem Französischen Markus May) edition suhrkamp (NF 226).
Carl-Fridrich Geyer: Die Vorsokratiker. Eine Einführung. (Reihe: "Große Denker) (Junius Verlag, bzw. Panorama Verlag).
Erwin Schrödinger: Die Natur und die Griechen. (Übers. aus dem Engl. Mira Koffka) Zsolnay Verlag. (nur mehr antiquarisch!)
Alexandre Koyré: Von der geschlossenen Welt zum unendlichen Universum. (Übers. Rolf Dornbacher); stw 320.
Bertrand Russel: Philosophie des Abendlandes. Ihr Zusammenhang mit der politischen und der sozialen Entwicklung; (Übers.: Elisabeth Fischer-Wernecke und Ruth Gillischewski); Europa Verlag Zürich.
Michel Serres (Hg.): Elemente einer Geschichte der Wissenschaften (Übers.: Horst Brühmann); stw 1355.

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