Gedanken für den Tag

4. Oktober 2011, 06:56

Wer war dieser Franz von Assisi, dessen Gedenktag am 4. Oktober begangen wird. Ein Visionär? Ein Querdenker? Oder gar so etwas wie der letzte große Rebell der christlichen Bewegung? Sein Leben, soweit dies überliefert ist, war geprägt von Mitgefühl, Mitmenschlichkeit und Verzicht. Kann Franz von Assisi heute noch ein Vorbild sein im Umgang mit Natur, Tier und Mensch? Hat der Begründer des Bettelordens der Franziskaner vielleicht als einziger Jesus von Nazareth und seine Botschaft wirklich verstanden? Und was hat er den Menschen heute noch zu sagen?

Der Versuch einer Annäherung an Franziskus von Thomas Stipsits, der ansonsten als Kabarettist und Schauspieler tätig ist .
Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer.

Da redet also einer mit den Tieren? Den Vögeln soll er gepredigt haben, berichten Legenden über Franz von Assisi, und einen Wolf soll er davon überzeugt haben, seine Raubzüge künftig nicht mehr in die italienische Stadt Gubbio zu unternehmen. Mit Tieren redet er. Was soll man davon halten? Die erste Reaktion wäre sicher: Der spinnt. Aber spinnt der wirklich? Ich ertappe mich fast täglich dabei, wie ich mit meinen Katzen spreche. Ich erzähle ihnen vom Tag und lade meine ganzen Probleme auf ihr weiches Fell. Sie blicken mich an, als würden sie mich verstehen, als würden sie mit mir mitfühlen. Sie beobachten mich, wenn ich mich auf die Couch lege und Löcher in die Decke starre. Kurz darauf sind beide bei mir und beginnen mit ihren feuchten Nasen meinen Kopf zu liebkosen. Als wollten sie mir sagen: Was hast? Nimms leicht! Und tatsächlich, es funktioniert. Einen Moment lang gibt es nur mehr meine Katzen und mich, als wären wir unter einer Käseglocke geschützt von allen Alltäglichkeiten, die mir manchmal die Kraft rauben und mir ein Gefühl der Sinnlosigkeit vermitteln. Meine Katzen beurteilen mein Handeln nie, sie nehmen es hin und halten den Mund. Wie schön. Kein überflüssiges Senf Dazugeben, kein Augenrollen oder Räuspern. Einfach Einklang. Ihr wohltuendes Schnurren wirkt dabei wie eine Sinfonie, in der es keinen falschen Ton gibt. Diese Momente liebe ich. Man kann sie nicht erzwingen, sie passieren einfach und ich gebe mich dem hin, verschwende keinen Gedanken mehr an irgendwelche Verpflichtungen, an Leute, die nur dann anrufen, wenn sie was brauchen. Ich sehe sie alle vor unserer Käseglocke stehen und neidisch gaffen. Sie wissen, dass sie nicht reinkommen und locken uns mit Honig und Erfolg. Zwecklos. Wir drei sind in diesem Moment unverwundbar! Diese fünf Minuten gehören nur uns und niemandem sonst. Oder wie es Rainer Maria Rilke ausgedrückt hat: "Das Leben und dazu eine Katze, das gibt eine unglaubliche Summe." Also wenn noch einmal jemand sagt: Wer mit Tieren redet, der spinnt, dann spinnt der!

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