Nachtbilder - Poesie und Musik

"Verschenkter Rat". Von Ilse Aichinger (S. Fischer Verlag). Zum 90. Geburtstag der Autorin am 1. November. Es liest Andrea Eckert. Gestaltung: Eva Roither

Ilse Aichingers Gedichtsammlung "Verschenkter Rat" gilt seit ihrem Erscheinen 1978 als ein Höhepunkt deutschsprachiger Nachkriegslyrik.

Die Aufforderung zur Unabhängigkeit, zum Nichteinverstandensein mit staatlichen, gesellschaftlichen und religiösen Verhaltenserwartungen wird in schlichten, in ihrer Zurückgenommenheit aber umso subversiveren Versen proklamiert. Von Verlust, von Trauer und von Hingabe sprechen diese Gedichte, von den verlorenen Orten der Kindheit, von Gewalt und errungener Gewaltlosigkeit, vom Glück gesteigerter Wahrnehmungsfähigkeit und vom Widerstand, den die Betrachtung lehrt.

In einem aus sinnfälligen, überaus konkreten und einfachen Dingen geformten Wortschatz - Kohlen, Hölzer, Schnee, Gebirge, Gräser - werden Weltbilder umgestülpt. Alltagssätze unterwandert. Diese Gedichte, meinte Erich Fried, "wollen sich um keinen Preis einen Reim auf das machen, was gegen uns steht ... weil hier Kritik an dieser Welt geübt wird, die darum, weil sie nicht tagespolitisch ist, um nichts weniger radikal ist."

Ilse Aichinger, geboren 1921 in Wien, veröffentlichte 1948 ihren Roman über die Kriegszeit in Wien, "Die größere Hoffnung", und ihre ersten berühmten Geschichten. Für ihren Roman, ihre Gedichte, Hörspiele und Prosastücke, die in viele Sprachen übersetzt wurden, erhielt sie zahlreiche literarische Auszeichnungen, u. a. 1952 den Preis der Gruppe 47, 1982 den Petrarca-Preis, 1983 den Franz-Kafka-Preis, 1995 den Österreichischen Staatspreis für Literatur. Ilse Aichinger lebt in Wien.

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