Radiokolleg - Mythos Powerfrau

Die neue Form der Unterdrückung (3). Gestaltung: Sabine Nikolay

"Ich stehe um zwei Uhr morgens in meiner Küche und fälsche Cupcakes". So beginnt der Roman "I Don't Know How She Does It" von Allison Pearson, der auf Deutsch unter dem Titel "Working Mom" erschien. Die Heldin des Buches, eine international erfolgreiche Bankerin, überzieht - gerade zurück aus New York - gekaufte Kuchen mit einer selbst gefertigten Glasur. Zweck dieser Übung ist, ihrer Tochter und den Müttern ihrer Kindergartenfreunde vorzumachen, dass sie selbst die Kuchen gebacken hat.

In dem einen Satz steckt das Dilemma aller Frauen, die schlicht und einfach das haben wollen, was ihre männlichen Kollegen haben: Beruf, Familie, Kinder, ein Haus, ein bisschen Freizeit, Freunde und vor allem Genuss jener Lebensqualität, die sie sich mit ihrer Arbeit erschaffen.

Der seit über hundert Jahren währende Kampf um Gleichberechtigung hat zu einem modernen Frauenbild geführt, das viele überfordert. Die Anforderungen an Frauen sind gewaltig gestiegen: Durften unsere Großmütter noch graue Haare haben, ein wenig an Gewicht zulegen und gelegentlich einen Mittagsschlaf machen, so müssen heutige Frauen einen perfekten Körper und gepflegtes Aussehen haben und immer gut gelaunt Kinder, Beruf und Haushalt jonglieren. Mediale Vorbilder sind ewig jugendlich wirkende Berühmtheiten, Schauspielerinnen und Supermodels, die die nötigen Mittel für Stylisten und Hausangestellte haben.

Dass das Anstreben von perfekter Schönheit, beruflicher Karriere und Familienidylle oft direkt ins Burn-out führt, erfahren heute immer mehr Frauen. Und so fragt sich manche, ob das in den Medien lancierte Bild der perfekten Powerfrau nicht doch nur ein neues Mittel der Unterdrückung ist?

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