Gedanken für den Tag

von Alexia Weiss. " Wenn Familie Grünwald das Fest von der Freiheit feiert - Gedanken rund um das jüdische Pessachfest". Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

Familie Grünwald erlebt das jüdische Pessachfest auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Die Schriftstellerin Alexia Weiss erzählt an fünf Tagen von den Gedanken, den Gefühlen, den Eindrücken zum Pessachfest aus der Sicht von fünf Familienmitgliedern.

Monika Grünwald

"Köstlich", sagte Monika Grünwald zu ihrer Schwiegertochter Elisheva. "So eine gute gehackte Leber habe ich vor 30 Jahren zuletzt gegessen. Da hat sie meine Großmutter gemacht. Wirklich köstlich." Die Schwiegertochter nickte dankend. "Fein, dass es dir schmeckt." Oh ja, das tat es. Monika Grünwald griff zu. Es war auch schon wieder so spät geworden, nach all dem Brimborium, das ihr Sohn da neuerdings jedes Jahr zu Pessach aufführte. Und die Kinder machten brav mit. Obwohl es den ersten Bissen Essen erst nach elf Uhr abends gab. So lange dauerte das Haggada-Lesen, das Lesen aus dem Buch, das die Geschichte des Auszugs der Juden aus Ägypten erzählt, inzwischen.

Merkwürdig, dachte Monika. Woher bei Robert dieses Bedürfnis nach Religion und Ritualen kam. Religion war für sie nie ein Thema gewesen und für ihren Mann noch weniger. Sie waren jüdisch. Punkt. Sie selbst war nicht einmal in einen Religionsunterricht gegangen. Ihr Mann hatte immerhin Bar Mitzwa gefeiert. Die Fotos davon erheiterten sie beide noch heute.

Pessach bedeutete für Monika Grünwald seit ein paar Jahren vor allem eines: ein Fest mit ihren Enkelkindern zu feiern. Familie. Das war es doch, was wichtig war. Und so genoss sie die Matzeknödelsuppe, gefillte Fisch, die gehackte Leber und das Zusammensein mit ihren beiden Söhnen und deren Familien.

Svetlana, die Haushaltshilfe, servierte die Vorspeisenteller ab und brachte die Hauptspeisen herein. Sie sieht müde aus, dachte Monika Grünwald. Aber wen wunderte das? So spät wie es schon war. Da sah sie Elias, der auf dem Teppich lag. Schlief er? Sie stand auf, ging zu ihm hinüber, ging in die Knie, beugte sich hinunter. Er schlief! "Siehst du, Robert", setzte sie an, ihrem Sohn zu sagen, dass das Wahnsinn sei, die Kleinen so lange aufbleiben zu lassen. Aber dann hob sie das Kind einfach hoch und trug es in sein Bettchen. Und dachte sich: wie friedlich er aussieht. Wie zufrieden.

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Titel: GFT 120413 Gedanken für den Tag / Alexia Weiss
Länge: 03:49 min

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