Gedanken für den Tag

Von Katja Sindemann. "Götterspeisen" - Religiöse Festgerichte und ihre Botschaft. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

Ob Käseblintzes, Pfingstmilch, Halim oder Modaka - Religiöse Festtage sind meist traditionell auch mit bestimmten Speisen verbunden. Gab es dafür ursprünglich jahreszeitliche, bzw. geoklimatische Gründe, wurden die Speisen im Laufe der Zeit oft auch religiös interpretiert. Selbst wenn die Symbolik mehr dem Volksbrauch als der jeweiligen Theologie entsprach, so enthielt sie doch eine wertvolle spirituelle Lehre.

Die Religionswissenschaftlerin Katja Sindemann schaut den Religionen in ihre Kochtöpfe und lädt in den "Gedanken für den Tag" zu einem kulinarisch-theologischen Streifzug ein.

Schawuot

Jüdinnen und Juden haben gerade Schawuot gefeiert: das jüdische Wochenfest, sieben Wochen oder 50 Tage nach Pessach. Ursprünglich war es ein Erntedankfest: Die Bauern pilgerten mit Broten aus dem ersten Weizen und Obst zum Jerusalemer Tempel, um sie darzubringen. Auch heute werden in Israel Körbe mit Obst und Gemüse durch die Straßen getragen. Später wurde das Fest mit der Offenbarung der Thora verbunden. Seither feiert man zu Schawuot, dass Moses nach 40 Tagen und Nächten am Berg Sinai die Zehn Gebote erhielt. Nicht nur die Liebe, auch die Religion geht manchmal durch den Magen. Die Speisen, die traditionellerweise zu Schawuot gegessen werden, haben auch eine wichtige symbolische Bedeutung: So werden zu dem Fest vor allem Milchprodukte, sogenannte Milchige Speisen gegessen, etwa Käseblintzes, mit Topfen gefüllte Palatschinken, Kreplach und Knisches, also Teigtaschen mit Topfenfülle, Hüttenkäse oder Sauerrahm, und Lokschenkugel, ein süßer Nudelauflauf mit Früchten. Die Milchspeisen symbolisieren die Übergabe der Thora an Moses. So lautet das hebräische Wort für Milch Chalev, es hat laut der mystischen Tradition des Judentums, der Kabbala, den Zahlenwert 40. 40 Tage und Nächte musste Moses auf dem Berg Sinai warten. Die Thora wird mit Milch und Honig verglichen, denn Gott hatte den Israelitinnen und Israeliten versprochen, sie in ein Land zu führen, in dem Milch und Honig fließen. Die Gerichte werden zur Erinnerung an die Thora-Gebung in Form der Gesetzesrollen arrangiert, indem man die zusammengerollten Blintzes zu zweit nebeneinander legt. Oder man formt den Kuchen kegelförmig, damit er an den Berg Sinai erinnert. Früher wurden jüdische Kinder zu Schawuot in den Cheder, die religiöse Schule, eingeschult. Damit sie den Tag in süßer Erinnerung behielten, bekamen sie mit Thoraversen verzierten Honigkuchen. Von Gott lässt sich offenbar in vielen Sprachen und mit allen Sinnen erzählen - auch mit dem Geschmackssinn.

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Titel: GFT 120529 Gedanken für den Tag / Katja Sindemann
Länge: 03:49 min

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