Gedanken für den Tag

Von Katja Sindemann. "Götterspeisen" - Religiöse Festgerichte und ihre Botschaft. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

Ob Käseblintzes, Pfingstmilch, Halim oder Modaka - Religiöse Festtage sind meist traditionell auch mit bestimmten Speisen verbunden. Gab es dafür ursprünglich jahreszeitliche, bzw. geoklimatische Gründe, wurden die Speisen im Laufe der Zeit oft auch religiös interpretiert. Selbst wenn die Symbolik mehr dem Volksbrauch als der jeweiligen Theologie entsprach, so enthielt sie doch eine wertvolle spirituelle Lehre.

Die Religionswissenschaftlerin Katja Sindemann schaut den Religionen in ihre Kochtöpfe und lädt in den "Gedanken für den Tag" zu einem kulinarisch-theologischen Streifzug ein.

Mohammeds Himmelfahrt

In rund zwei Wochen, Mitte Juni, feiern Musliminnen und Muslime die Himmelfahrt des Propheten Mohammed, al-Isra oder al-Mi'radsch auf Arabisch. In der Überlieferung gibt es von diesem Ereignis drei verschiedene Versionen. Die erste spricht von einem Aufstieg über eine Leiter von der Kaaba in Mekka in den Himmel. Die zweite beschreibt eine nächtliche Reise auf dem geflügelten Pferd Buraq von Mekka an einen fernen Kultort und zurück. Die dritte schildert eine Reise nach Jerusalem mit anschließender Himmelfahrt. Das Ereignis ist verbunden mit der Berufung Mohammeds zum Propheten und der Offenbarung des Koran. Nun kennt die islamische Küche kein Gericht, das explizit an diesem Feiertag gegessen wird. Wobei: "Die islamische Küche" gibt es ja eigentlich gar nicht. Der Islam erstreckt sich von Bosnien-Herzegowina bis nach China, von Indonesien bis zum Senegal, entsprechend unterschiedlich ist die Kulinarik. Immerhin kennt man die Lieblingsspeise Mohammeds: ein fester Brei aus Getreide und Fleisch, Harissa oder Halim genannt. Eingeweichte Weizenkörner werden mit zerkleinertem Lamm- oder Hühnerfleisch lange gekocht. Der Ursprung des Gerichts liegt in Persien, wo es heute noch zum Frühstück gegessen wird. Im Fastenmonat Ramadan wird es nach Sonnenuntergang wegen seiner Reichhaltigkeit ebenfalls gerne gegessen. "Halim" bedeutet übersetzt auch "sanftmütig" und das gilt als eine der Eigenschaften des Propheten. In den jeweiligen Küchen wird er unterschiedlich zubereitet. Während Perserinnen den Brei mit Zimt und Zucker süßen, wird er im Libanon mit Kumin, Kreuzkümmel, gewürzt. Im Libanon wird Harissa von Musliminnen und Muslimen zu Ashura, dem Trauer- und Fasttag gegessen. Bei diesem Fest wird des Endes der Sintflut und der Landung der Arche Noah gedacht. Um die Errettung zu feiern, so die muslimische Überlieferung, bereitete Noahs Frau aus den Vorratsresten die Süßspeise Asure zu, mit Früchten, Nüssen, Rosinen, Rosensirup und mehr.  In Syrien und dem Libanon wird der Brei übrigens traditionellerweise zu Maria Himmelfahrt gegessen - aber diesmal von den Christinnen und Christen. Vielleicht ein Beispiel mehr, wie Speisen - und gemeinsames Essen - beim Überwinden von Grenzen helfen können.

Service

Wenn Sie diese Sendereihe kostenfrei als Podcast abonnieren möchten, kopieren Sie diesen Link (XML) in Ihren Podcatcher. Für iTunes verwenden Sie bitte diesen Link (iTunes).

Sendereihe

Playlist

Titel: GFT 120531 Gedanken für den Tag / Katja Sindemann
Länge: 03:49 min

weiteren Inhalt einblenden