Gedanken für den Tag

17. September 2012, 06:56

Tagebuchartig erzählt die Publizistin und Dokumentarfilmerin Koschka Hetzer-Molden ungewöhnliche Geschichten von nahen und fernen Menschen und besonderen Orten. Die Reise geht nach Indien, Afghanistan, Rumänien oder Norddeutschland.


Ich habe die Dichterin der österreichischen Bundeshymne persönlich nie kennengelernt. Sie starb 1951 - da ging ich noch in die Volksschule in Hamburg. Dennoch sind wir miteinander verbunden, denn Paula von Preradovic war die Mutter meines Mannes Otto Molden. Ich habe ihm oft Gedichte von ihr vorgelesen. Gedichte über ihren Sehnsuchtsort am Meer (Pola in Kroatien, wo sie ihre Kindheit verbracht hatte), Gedichte, die in der Zeit der Nazi-Herrschaft entstanden sind und den Widerstandsgeist dieser Dichterin bezeugen - etwa das am 30. November 1938 geschriebene Gedicht, das mit den Sätzen beginnt:

"Berauschte Stirn
Bewahrt sich nicht die Krone,
den Hass-Erfüllten
bleibt das Zepter nicht"

Unlängst bezeichnete der Kultur-Redakteur eines prominenten österreichischen Wochenmagazins Paula von Preradovic im Zusammenhang mit der Zeit des Nationalsozialismus als "indifferente Konservative". Wie "indifferent" können Menschen in der heutigen Zeit mit Schicksalen umgehen, wie dem der Paula von Preradovic und ihrem Mann Ernst Molden, nach dem Krieg Chefredakteur der Zeitung "Die Presse". Beide wurden von der GESTAPO inhaftiert (davon zeugen u.a. Gedichte). Und beide konnten nur durch einen Zufall vor dem "Todesmarsch" nach Mauthausen gerettet werden.

Mir gefallen besonders Liebesgedichte der Preradovic. Manchmal etwas altmodisch, aber in wunderbarer Sprache und voller Sehnsucht. Eine Sehnsucht auch nach Gott. Zum Beispiel: "Dunkle Stunde":

"ACH, jetzt müsste jemand spielen!
Müsste spielen eine leise,
Kühle, sanfte, alte Weise,
Wehend wir ein ferner Wind.
Möglich, dass dann meine Seele,
Die sich ganz an Dich verloren,
Wiederfände zu den Toren,
wo das Leben neu beginnt!"

Gerne hätte ich Paula von Preradovic persönlich kennen gelernt.

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