Gedanken für den Tag

Von Lise Abid. "Gedanken zum islamischen Opferfest". Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

Ein Fest des Opferns - welche Bedeutung kann es in unserer Zeit haben? Wenn Musliminnen und Muslime in diesen Tagen das Opferfest feiern, werden jene, die es sich leisten können, ein Weidetier opfern.

Abraham war einst bereit seinen Sohn zu opfern. "... und wir lösten ihn aus mit einem großen Opfer, und ließen unter späteren Generationen seiner gedenken: Friede sei auf Abraham!", heißt es im Koran. Es erschien ein Hammel, so die biblische Überlieferung, und wurde anstelle des Kindes geopfert. Seither bedeutet das Opfer: Fleisch für Hungernde, Nahrung für die Familie und ein Mahl für die Festgäste.

Manche werden jetzt an unerlaubte Schlachtungen irgendwo in einem Hinterhof denken, die noch vor Jahren die Medien alarmierten und Tierschützer auf den Plan riefen.

Heute ist das rituell durchgeführte Schächten gesetzlich geregelt, das Tier muss kurz betäubt und so schmerzfrei wie möglich geschlachtet werden. Dem Tier Schmerzen zu ersparen ist übrigens auch eine islamische Vorschrift.

Doch die meisten muslimischen Familien in Europa lassen heute ihr Tier irgendwo in einem Land opfern, wo Menschen wirklich hungern und vielleicht das ganze Jahr über kein Fleisch essen können. Muslimische Hilfsorganisationen organisieren für die Zahlung eines äquivalenten Betrags den Ankauf eines Opfertiers, dessen Fleisch dann sofort den Bedürftigen übergeben wird.

Dennoch kann man sich nach dem Sinn von Tieropfern fragen. "Weder ihr Fleisch noch ihr Blut erreicht Allah - doch es erreicht Ihn eure Frömmigkeit", heißt es in Vers 37 der 22. Sure des Koran.

Opfern bedeutet Verzicht auf ein liebgewordenes Gut, so der Koran: "Sie fragen dich, was sie spenden sollen. Sag ihnen: Was ihr überflüssig habt!" - Überfluss auf der einen Seite und Nahrungsmittelknappheit auf der anderen - da kann Opfern auch bedeuten, Mais und Getreide nicht als Biosprit in Automotoren zu verbrennen, Nahrung nicht zu verschwenden. Wären es Opfer, für mehr Verteilungsgerechtigkeit zu sorgen, auf Spekulation mit Nahrungsmitteln zu verzichten, Forschung zur nachhaltigen und umweltfreundlichen Energiegewinnung zu betreiben? Das sind heute die größten Herausforderungen, denen sich die Menschheit gegenüber sieht, und, so sage ich als Muslimin, auch Musliminnen und Muslime haben hier ihren Beitrag zu leisten.

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Titel: GFT 121027 Gedanken für den Tag / Lise Abid
Länge: 03:49 min

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