Radiokolleg - Friede den Hütten! Krieg den Palästen!
Der literarische Analytiker Georg Büchner
(1). Gestaltung: Gerlinde Tamerl und Robert Weichinger
8. Jänner 2013, 09:30
Er war Sozialrevolutionär, Frühkommunist, Dichter und Wissenschaftler: Georg Büchner. 1813 in Goddelau, Hessen geboren, 1837, noch keine 24 Jahre alt, starb er als politisch Verbannter. Ein kurzes, ein intensives Leben. Er verfasste drei Stücke, "Dantons Tod", "Leonce und Lena" und "Woyzeck", die zum Besten gehören, was die deutsche Dramatik zu bieten hat.
Im historischen Drama "Dantons Tod", in dessen Mittelpunkt der nicht-handelnde Held Danton steht, versucht Büchner, die Widersprüche der Revolution zu fassen. Die Komödie "Leonce und Lena", mit seinen philosophischen Sentenzen ist auch als eine satirische Verspottung der Despotie im duodezfürstlichen Deutschland zu lesen, und das fragmentarische Sozialdrama "Woyzeck" ist bereits ein Vorgriff auf den Naturalismus und das moderne Drama.
"Die Staatsform muss ein durchsichtiges Gewand sein, das sich dicht an den Leib des Volkes schmiegt", heißt es in "Dantons Tod". Dieser Satz gibt ziemlich genau, die Ansicht des radikalen Demokraten Georg Büchner wieder. Doch im Revolutionär Büchner regte sich auch der Zweifel über die Möglichkeiten politischer Veränderung, vom "grässlichen Fatalismus der Geschichte" sprach er und dass "der Einzelne nur Schaum auf der Welle" ist.
Geboren in der Nähe von Darmstadt, studierte Büchner in Straßburg und Gießen Medizin, Naturwissenschaften, Geschichte und Philosophie. Um aktiv die reaktionären Verhältnisse im damaligen Großherzogtum Hessen zu bekämpfen, beteiligte er sich an der Darmstädter Sektion der "Gesellschaft für Menschenrechte", eine basisdemokratische Organisation würde man heute sagen. Zusammen mit dem Pfarrer Weidig verfasste er die Flugschrift "Der Hessische Landbote", mit dem bis heute berühmten Wahlspruch: "Friede den Hütten! Krieg den Palästen!". Er wurde steckbrieflich gesucht und flüchtete nach Zürich, damals die Zufluchtsstätte vertriebener Demokraten. Er promovierte über das Nervensystem von Fischen. Eine Professur an der Universität konnte er nicht mehr annehmen, weil er im Februar 1837 an Typhus starb.
Das Werk dieses Dichters stellt die Vorwegnahme neuer Formen des Theaters und der Poesie dar. An Büchner beeindruckt bis heute die Schärfe und Frische seiner Gedanken, seine rücksichtslose, kühne Wahrheitssuche, die psychologische Durchleuchtung von Existenzen und die Hervorhebung der sozialen Bedingtheit des Menschen.
Service
Georg Büchner: Sämtliche Werke (Marbacher Ausgabe)
Georg Büchner: Dichtung, Schriften, Briefe und Dokumente, Hg. von Henri Poschmann (Deutscher Klassiker V.)
Biografie: Georg Büchner von Henri Poschmann (Suhrkamp)
Dietmar Goltschnigg: Georg Büchner und die Moderne (Erich Schmidt, Berlin)