Da capo: Im Gespräch

"Die Physik vermag nicht auf eigenen Füßen zu stehen, sondern bedarf einer Metaphysik". Michael Kerbler spricht mit Anton Zeilinger, Quantenphysiker

Das Planck'sche Wirkungsquantum, der Bohr'sche Radius oder der Quanten-Hall-Effekt, weltweit sind Quantenphysiker tagtäglich mit der Wirkung dieser "Naturkonstanten" konfrontiert. Wobei alle Forschung letztlich ein Ziel hat, alle bisher erstellten Naturgesetze in ein einziges Gesetz, nämlich in die "Weltformel" zusammenzuführen. Die vielleicht doch eines Tages alle bekannten physikalischen Phänomene zusammenführen, erklären und verknüpfen soll. Der Mann, der den Begriff "Urknall" als erster formuliert hat, war Astrophysiker und katholischer Priester: Georges Lemaitre - ein Belgier. Ihm unterstellte man nicht eine "Weltformel" zu suchen, sondern einen Gottesbeweis zu führen. Denn: wo vorher nichts war braucht es einen Schöpfer, um eine solche Initialzündung auszulösen. Stephen Hawking widerspricht in seinem Buch "Der große Entwurf" all jenen, die meinen, es sei ein Schöpfer notwendig gewesen, um das Universum zu schaffen: "Bestimmte Naturgesetze weisen darauf hin, dass das Universum sich selbst aus dem Nichts geschaffen hat. Dazu ist es nicht notwendig, die Existenz eines Gottes anzunehmen."
Der Wiener Quantenphysiker Anton Zeilinger widerspricht ihm: "Die Vorstellung, dass es vor dem Urknall einen Schöpfer gegeben hat, der sich gedacht hat: 'Mir ist fad, mach' ma' halt ein Universum' - diese Vorstellung ist unglaublich naiv. Ein potenzieller Schöpfer stünde doch außerhalb von Raum und Zeit. Das heißt, er könnte sehr wohl Raum und Zeit - und damit unser Universum - geschaffen haben."
Womit sich die Frage stellt, ob Anton Zeilinger es mit Arthur Schopenhauer hält: "Die Physik vermag nicht auf eigenen Füßen zu stehen, sondern bedarf einer Metaphysik".
In Gespräch mit Anton Zeilinger geht es um die Veränderung der Weltsicht, die die Erkenntnisse seiner jüngsten Teleportationsversuche seines Instituts mit sich bringen, um die Umdenkprozesse, die die Quantenphysik - etwa was Begriffe wie Zeit und Raum, Geist und Materie angeht - erzwingt und wie die Erforschung von Quantenphänomenen ihn selbst verändert hat.

Service

Anton Zeilinger, "Einsteins Schleier. Die neue Welt der Quantenphysik". C.H. Beck Verlag, München 2003 (ISBN 3 406 50281 4)

Harald Fritsch, "Die verbogene Raum-Zeit. Newton, Einstein und die Gravitation", mit Zeichnungen von Dieter Krahl nach Vorlagen von Gabriele Bodenmüller, ungekürzte Taschenbuchausgabe Piper Verlag München (ISBN 3-492-22546-2)

Michio Kaku, "Im Paralleluniversum: Eine kosmologische Reise vom Big Bang in die 11. Dimension", Übersetzung von Hainer Kober, Rowohlt Verlag (ISBN-10: 3499619482 bzw. ISBN-13: 978-3499619489)

Lisa Randall, "Die Vermessung der Galaxien. Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist", aus dem Amerikanischen von Jürgen Schröder, S. Fischer Verlag, Frankfurt (ISBN 978-3-10-062806-0)

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