Nachtbilder - Poesie und Musik

16. März 2013, 22:18

Dimitri Analis, geboren 1938 in Athen, hat Rechts- und Politische Wissenschaften in Paris, Genf und Lausanne studiert. Danach stand er lange Zeit im diplomatischen Dienst seiner griechischen Heimat. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er abwechselnd in Paris und Piräus, wo er im Winter 2012 verstarb. Den hier vorliegenden Zyklus von sechzehn Gedichten, seine letzte Arbeit, hat er auf Französisch geschrieben. Man kann diese Gedichte, die der Verlag Jung und Jung in einem zweisprachigen Band herausbrachte, als Vermächtnis eines bedeutenden europäischen Dichters lesen. Walter Pichler hat jedem Text eine elementare Zeichnung beigegeben, und Peter Handke, der mit Dimitri Analis befreundet war, schreibt in seinem Nachwort:

"Dimitri ist mir begegnet, als er schon ein älterer, auch kränklicher Mann war, weißbärtig, mit eher schütteren Haaren. Er war aber immer noch das, was man einmal stattlich genannt hat, und hielt, ging und bewegte sich, und zwar von den Füßen bis hinauf zum Kopf, als ein Herr, wenn auch weniger im Sinn des Diplomaten, der vorher sein zweiter Beruf gewesen war. Eines Tages in Athen führte er mich in ein Café unweit des Hôtel de la Grande Bretagne, wo er auf einer Photowand als Junger prangte, in einer Reihe mit anderen mehr oder weniger jugendlichen Helden der griechischen Nachkriegskultur. Vielleicht täuscht mich jetzt die Erinnerung. Doch in ihr zeigte das Photo ein regelrechtes Mannsbild, schwarzhaariger nicht möglich, die Nase im Wind des Abenteuers, eine Art Doppelbelichtung von spanischem Matador und Salvador Dalí als Jüngling, ohne Pose. Als zünftiger Geschichtskundiger, der Dimitri Analis, unter vielem anderen, auch war, wusste er im übrigen fast am intensivsten von Spanien, vor allem der Zeit vor dem Auftritt Francos, zu erzählen, und nicht nur, weil Madrid eine seiner diplomatischen Stationen im Dienst seines griechischen Vaterlandes gewesen war.

Dimitri Analis hat sich, angesichts der Geschichte, wohl von Anfang an, aber gegen Ende immer stärker, als ein verlorener Dichter gesehen, und als Dichter einer zunehmenden Verlorenheit, nicht nur seiner persönlichen. Das hat ihn, den Mann und Schreiber, freilich in keinem Moment und Rhythmus bitter gemacht, geschweige denn verbittert. Ein großer Glockenklang der Trauer schwingt durch seine Verse, quer durch die Zeiten. (...) In Piräus, wo er gegen Ende wohnte, ist er tagaus, tagein zu den Schiffen im Hafen gegangen, immer in einem marineblauen Blazer mit vergoldeten Knöpfen, darunter ein himmelblau gestreiftes Hemd, und hat seine Runden gedreht als Kapitän, als welcher er auch auf Schritt und Tritt begrüßt wurde. (...)"

Service

"Präludium zur neuen Kälte der Welt." Von Dimitri T. Analis, aus dem Französischen übertragen von Peter Handke. Verlag Jung und Jung.

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