Radiokolleg - Wie natürlich ist die Natur?
Von Sehnsucht und Zerstörung (3). Gestaltung: Brigitte Voykowitsch
17. April 2013, 09:05
In Zeiten von Klimawandel, ökologischer Katastrophen und weltweiter Verstädterung boomen auch Bewegungen, die eine Art zurück zur Natur propagieren - zu natürlichen Lebensmitteln, natürlichen Heilpflanzen und der Natur mehr verbundenen Lebensformen. Doch so unmissverständlich die Begriffe "Natur" und "natürlich" erscheinen, so ambivalent und komplex sind sie in Wirklichkeit.
Vom Menschen unberührte Natur gibt es kaum noch. Das Verhältnis des Menschen zur Natur ist seit Jahrtausenden durch unzählige Faktoren geprägt. Auf der praktischen, handlungsorientierten Ebene von Beherrschung - sei es nun Nutzung, Kultivierung, Ausbeutung, Zerstörung oder Zurückgewinnung. Auf der theoretischen Ebene von vielen widersprüchlichen Deutungsversuchen. Und auf der emotionalen Ebene von Fiktionen und Wunschvorstellungen.
"Das Wesen" der Natur lässt sich nicht eindeutig festmachen. Alle derartigen Bemühungen führen ins Leere. Betont der Physiker eher die mathematisch kalkulierbaren Grunddaten, so blickt der Biologe besonders auf evolutionäre Prozesse. Philosophen haben ihrerseits eine Vielfalt von Naturanschauungen entwickelt, die stets im historischen Kontext und vor dem Hintergrund jeweils aktueller technologischer Entwicklungsprozesse zu sehen sind. Die sogenannte Natur erweist sich häufig als das Produkt von poetischen oder wissenschaftlichen Deutungen, von Sehnsüchten und romantischer Schwärmerei oder mystischer Verklärung.
Was ist natürlich? Diese Frage wirkt in grundlegende Fragen der gesellschaftlichen Ordnung, etwa des Geschlechterverhältnisses oder möglicher Lebensformen hinein.
Service
Michael Hampe, Tunguska oder Das Ende der Natur, Hanser 2011
Johann Schelkshorn, Entgrenzungen, Velbrück 2009
Cornelia Klinger, Flucht, Trost, Revolte, Hanser 1995
Horkheimer/Adorno, Die Dialektik der Aufklärung, Fischer Taschenbuch 2012
Georg Grabherr, Hemerobie österreichischer Waldökosysteme, Wagner 1998
Georg Agricola, De re metallica. Übers. Von Georg Fraustadt, Dt. Verlag der Wiss, 1974
Paul Gaugin, Noa Noa, Übers. von Rosmarie Aegerter Frauenfeld : Verl. Im Waldgut , 1988
Francis Bacon, Neues Organon, Meiner-Verlag