Gedanken für den Tag

13. Mai 2013, 06:56

Walter Friedl ist Theologe und Außenpolitik-Journalist bei der Tageszeitung KURIER:

Es war sicher einer der intensivsten Momente in meinem Leben. Jener nämlich, als mein Vater im Spital von dieser Welt ging, und wir diesen Weg gemeinsam gingen. Er, der wie so viele andere auch immer alles im Griff haben wollte, ließ schlussendlich los. Und ich ließ ihn los. Und das Paradoxe war: Das gegenseitige Loslassen kreierte ein neues, starkes Band, eine tiefe Einheit, die uns bis heute verbindet.

Das Sterben meines Vaters, sein Einswerden mit allem hat auch mein Leben verändert. Ich bin gelassener geworden. Der Grund: Wenn selbst der Skandal des Todes irgendwie schön sein kann, was soll mich da noch erschüttern. Und diese Gelassenheit, die im Ur-Vertrauen fußt, dass am Ende des Tages ja doch alles gut werden kann, ist für mich ein unerschöpflicher Quell, der Kraft gibt.

Dass das Leben im Tod aufgeht, wird in unserer Gesellschaft meist ausgeblendet. Aber wir sind nun einmal endlich, und jeder für sich ist nur kurz Gast auf dieser Welt. Ich meine, wären wir uns dessen mehr bewusst, würden wir verantwortungsvoller mit anderen umgehen. Wir würden intensiver leben und - frei nach Erich Fromm - mehr im Sein ruhen, statt im Haben hekteln.

"La vita e bella", Das Leben ist schön, heißt der wunderbare Film des italienischen Regisseurs und Schauspielers Roberto Benigni. Er erzählt die Geschichte von einem jüdischen Italiener, der mit seiner Frau und seinem Sohn im Zweiten Weltkrieg in einem nationalsozialistischen KZ landet. Seinem Sohn sagt er, dass es sich hier um ein großes, inszeniertes Spiel handle und der Bub die Anweisungen strikt befolgen solle. Nur so könne er den Hauptpreis gewinnen - einen Panzer.
Letztendlich geht der Vater lachenden Auges in den Tod, sein Sohn wird von Amerikanern gerettet. Sie kommen mit einem Panzer.

Ob es dem Vater mit dieser List gelungen ist, seinen Sohn vor einem Trauma zu bewahren, ist ungewiss, aber eines ist ganz klar: Das Band, das zwischen den beiden solcherart geknüpft wurde, hält ewig.
La Vita e bella.

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