Radiodoktor - Medizin und Gesundheit

Was gibt's heute eigentlich zu essen? - Eine Kulturgeschichte der Ernährung

Über Hunderttausende von Jahren lebte der Mensch von dem, was er in seiner Umgebung fand, sammelte oder jagte. Er ernährte sich von Kräutern, Blättern, Wurzeln, wild wachsendem Getreide, von Obst und Pilzen sowie zunächst von kleinen Tieren, etwa Fischen, Vögeln, Insekten und später von großen wie Wisenten, Nashörnern oder Mammuts.
Vor rund 11.000 Jahren begann dann, ausgehend vom so genannten "fruchtbaren Halbmond", einer Region, die vom heutigen Jordanien über Syrien, die Türkei und den Irak bis zum Iran reicht, eine erstaunliche und weitreichende Entwicklung: Der Mensch wurde sesshaft, begann Tiere zu domestizieren und Ackerbau zu betreiben. Getreide machte ihn unabhängig vom stets unsicheren Jagdglück und durch die Möglichkeit der Vorratshaltung hatte er nun dauerhaft zu essen.
Mit der Sesshaftwerdung begann auch der Handel mit Nahrungsmitteln. Das meiste von dem, was wir heute im Supermarkt kaufen können, war ursprünglich nicht in Europa heimisch. Vieles stammt aus China - etwa Marillen und Orangen - aber auch Karotten und Zwiebeln. Reis wiederum hat seinen Ursprung in Indien und zahlreiche Gewürze, darunter Pfeffer, Zimt und Ingwer haben die Kreuzritter im Mittelalter aus dem Orient mitgebracht. Eine wahre Revolution erlebte der europäische Esstisch mit der Entdeckung Amerikas. Als Christoph Kolumbus 1493 von seiner Expedition zurückkehrte, hatte er mehrere für uns mittlerweile unverzichtbare Gemüse- und Getreidesorten an Bord: Tomaten, Paprika, Mais und Kartoffeln. Dass letztere durchaus schmackhaft und außerdem ein idealer Hungerstiller ist, realisierten die Europäer übrigens erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Auch den Gaumenschmeichler schlechthin - Schokolade - würden wir nicht kennen, wäre Amerika nicht entdeckt worden. Dr. Christoph Leprich macht dieses Mal einen kulinarischen Streifzug vom Beginn der Menschheit bis ins 19. Jahrhundert und zeigt nicht zuletzt auf, dass ausreichend Nahrung in der Vergangenheit eher die Ausnahme denn die Regel war.
Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein waren Hungersnöte auch in Europa regelmäßig wiederkehrende Ereignisse und - noch heute hungert weltweit rund eine Milliarde Menschen, also ein Siebtel der Weltbevölkerung.
Eine Sendung von Mag.a Nora Kirchschlager.

Service

a.o. Univ.-Prof.in Dr.in Martina Kaller-Dietrich (Universität Wien, Institut für Geschichte)
Prof. Dr. Gunther Hirschfelder (Universität Regensburg, Institut für Information und Medien, Sprache und Kultur)
a.o. Univ. Prof.in Dr.in Birgit Bolognese-Leuchtenmüller (Universität Wien, Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte)
Univ.-Prof. Dr. Josef Nussbaumer (Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, Institut für Wirtschaftstheorie, -politik und -geschichte)
Univ.-Prof. Dr. Jürgen König (Universität Wien, Leiter des Departments für Ernährungswissenschaften)

Martina Kaller-Dietrich, "Essen unterwegs - Eine kleine Globalgeschichte von Mobilität und Wandel am Teller", Verlag Bibliothek der Provinz 2011

Gunther Hirschfelder, "Europäische Esskultur: Eine Geschichte der Ernährung von der Steinzeit bis heute", Campus Verlag 2005

Josef Nussbaumer, "Hungernde, Unwetter und Kannibalen", Studienverlag 2004

Detlef Briesen, "Das gesunde Leben. Ernährung und Gesundheit seit dem 18. Jahrhundert",
Campus Verlag 2010

Klaus E. Müller, "Kleine Geschichte des Essens und Trinkens: Vom offenen Feuer zur Haute Cuisine", Verlag Beck 2009

Geschichte der Ernährung - Meilensteine der menschlichen Entwicklung
Über den Tellerrand hinaus - Zur Globalisierung der Ernährung
Mais - Ernährung und Kolonialismus
Von Jägern, Sammlern und echten Ernährungsproblemen
Domestikation von Tieren und Pflanzen
Kochen machte unsere Vorfahren klüger
Zuckerrohr und Sklaverei

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