Gedanken für den Tag

von Hubert Gaisbauer, Publizist. "Gott sieht durch uns seine Welt" - Gedanken von, zu und über Simone Weil, die am 24. August vor 70 Jahren gestorben ist. Gestaltung: Alexandra Mantler

"Nicht weil Gott uns liebt, müssen wir ihn lieben. Sondern weil Gott uns liebt, müssen wir uns lieben."

Da steht sie, eine noch junge Frau, die diesen Satz geschrieben hat: In härenem Gewand, die nackten Füße in Sandalen, wie eine Heilige aus dem Mittelalter. Simone Weil, die Urheberin eines Lebens-Werkes, in dem Denken und Handeln völlig übereinstimmen. Mystik und Politik, scheinbare Gegensätze, finden in ihrer Person überzeugend zueinander. Geboren 1909 in eine assimiliert-jüdische Familie in Paris, weigert sie sich bereits mit fünf Jahren, Zucker zu essen. Sie will ihn den Soldaten an die Front schicken. Als junge Studienrätin für Philosophie klopft sie 1931 Steine mit den Arbeitslosen von Le Puy, neben ihrem Schuldienst. Einen Einsatz als Fabrikarbeiterin am Fließband erlebt sie als notwendige und schmerzhafte Selbsterfahrung, kurzfristig leistete sie Küchendienst im Spanischen Bürgerkrieg. Lebenslang leidet sie an immer wiederkehrenden Kopfschmerzen. Sie liebt die Schriften Platons, das Neue Testament und die Bhagavadgita. Für ihren Tod im Alter von 34 Jahren war entscheidend, dass sie sich weigerte, zu essen, aus Solidarität mit den Hungernden im besetzten Frankreich. Auf ihrem Totenschein ist zu lesen: "Sie tötete sich selbst durch ihre Weigerung zu essen, während ihr seelisches Gleichgewicht gestört war."

Jede Regung von Selbstbestätigung war ihr des Egoismus verdächtig. Der Selbstliebe fand sie sich nicht wert. Was Gewohnheitschristen oft so leicht über die Lippen kommt, denkt sie radikal neu:

Nicht weil Gott uns liebt, müssen wir ihn lieben. Sondern weil Gott uns liebt, müssen wir uns lieben.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach
Gesamttitel: Violinsonate Nr. 3, BWV 1016
Titel: Adagio ma non tanto
Ausführende: Luis Otavio Santos/Pieter-Jan Belder
Länge: 02:00 min
Label: Brillant Classics 93102/20

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