Radiokolleg - Du bist wie du isst

Kultur der Nahrungsaufnahme
(1). Gestaltung: Paul Lohberger

Beim Essen gehen wir einem essenziellen Bedürfnis nach. Dieses ist primär durch Notwendigkeit bestimmt. Auch gesundheitliche Aspekte fanden immer schon Beachtung. Viel stärker erscheint jedoch die soziale und kulturelle Tradition der Nahrungsaufnahme. Alle höheren Kulturen messen ihrer Ernährung einen gewissen Wert bei und streben danach, sie zu kultivieren und zu inszenieren. Findet die Nahrungsaufnahme in der Gruppe statt, erfüllt sie schon im Tierreich soziale Funktionen: Gemeinschaft und Rangordnung zeigen sich bei der Verteilung der Beute, nachdem sich das Rudel gesammelt hat. Nicht viel anders verhält es sich, wenn Menschen zum Mahl zusammen kommen, egal ob beim Geschäftsessen oder zur Familienfeier. Urbane Hipster tauschen sich aus über die neuesten Restaurants und zeigen so ihren Sinn für Distinktion. Während die Auseinandersetzung mit Ernährung und Gesundheit auf eine wissenschaftliche Tradition zurückblickt, wurden die kulturellen Aspekte nur wenig untersucht. Dafür bediente sich schon die Kunst des Altertums der Symbolik von Essen und Kultur. In jüngerer Zeit entdeckte der Medienbetrieb Kochen als dankbaren Inhalt. Kochkünste erscheinen nicht mehr als Pflicht der guten Hausfrau, sondern als ein elitäres Hobby, um das sich im letzten Jahrzehnt ein regelrechter Kult entspann. Mittlerweile regt sich erste Kritik an der vermeintlichen Überbewertung der Gastrokultur. Andererseits wenden sich die Kulturwissenschaften der Küche zu und beginnen alte wie neue Trends zu ordnen und beleuchten.

Service

Franz-Theo Gottwald und Lothar Kolmer (Hg.): Speiserituale. Essen, Trinken, Sakralität. Hirzel, Stuttgart 2005
Klaus Kufeld: Der kulinarische Eros - Geschichten über die Seele des Kochens und Essens. Edition Splitter, Wien 2009
Thomas Bernhard: Stücke, Bd. 1-4; suhrkamp 1988
Petron: Gastmahl bei Trimalchio, dtv zweisprachig
Pierre Bourdieu: Die feinen Unterschiede, suhrkamp 1982/1987
Steven Poole: You Aren't What You Eat - Fed Up With Gastroculture, Union Books 2012
Peter Kubelka: "Über das Wiener Schnitzel", "Was bedeutet Essen und Kochen für die Menschen", in: Peter Kubelka, 1995, 168-185.
Francesca Rigotti: Die Philosophie in der Küche, 2002.
Andrea Heistinger, Daniela Ingruber (Hrsg.): Esskulturen - Gutes Essen in Zeiten mobiler Zutaten. Mandelbaum Verlag Wien 2010
Hans Wiswe, Eva Hepp: Kulturgeschichte der Kochkunst. Kochbücher und Rezepte aus zwei Jahrtausenden mit einem lexikalischen Anhang zur Fachsprache von Eva Hepp. Moos, München 1970
Hannsferdinand Döbler: Kochkünste und Tafelfreuden. Kleine Kulturgeschichte. Bertelsmann, München, Wien 1972
Elisabeth Meyer-Renschhausen: Zivilisationsgeschichte der Esskultur. Bürgerliche Küche und Geschlechterverhältnisse. Frankfurt am Main 1997
Gerhard Neumann: Das Gastmahl als Inszenierung kultureller Identität. In: Hans Jürgen Teuteberg, G. Neumann und A. Wierlacher (Hg.): Essen und kulturelle Identität. Europäische Perspektiven (Kulturthema Essen 2). Akad.-Verl., Berlin 1997. S. 37-68
Lothar Kolmer und Christian Rohr (Hg.): Mahl und Repräsentation. Der Kult ums Essen. Beiträge des internationalen Symposions in Salzburg, 29. April bis 1. Mai 1999. Schöningh, Paderborn, Wien 2000
Gastrosophie

Sendereihe