Dimensionen - die Welt der Wissenschaft

Das Übel an der Wurzel packen? Suchtmittelkriminalität und Haaranalyse - Chance oder Risiko? Gestaltung: Sabine Nikolay

Dreißig bis vierzig Prozent der jungen österreichischen Erwachsenen haben laut Drogenbericht 2012 schon einmal Cannabisprodukte konsumiert, zwei bis vier Prozent Ecstasy, Kokain und Amphetamine und maximal zwei Prozent Opiate. Der Konsum illegaler Drogen ist typischerweise auf eine kurze Phase während der Jugend beschränkt, wenn Teenager ihre Grenzen ausloten. Danach stellen die meisten jungen Erwachsenen den Konsum verbotener Substanzen ein und wenden sich der Erwerbsarbeit und Familiengründung zu. Derzeit haben laut offiziellen Schätzungen insgesamt dreißigtausend Menschen in Österreich diesen Absprung nicht geschafft und leiden an einer Suchterkrankung. Im März 2013 berichtete Innenministerin Johanna Mikl-Leitner über ein Pilotprojekt, in dem die Möglichkeiten der Haaranalyse zur Feststellung von Drogendelikten erforscht wurden. Bei der Untersuchung von Körperhaaren auf verbotene Substanzen kann nicht nur kurze Zeit zurückliegender Drogenkonsum nachgewiesen werden. Je nach Länge des Haares werden dabei die "Sünden" der Vergangenheit sichtbar. Die Innenministerin sprach eine Empfehlung für serienmäßige Tests aus. Die Ergebnisse von Haaranalysen sollen nach Willen des Innenministeriums in Zukunft zum Beispiel bei der Frage nach der Erteilung einer Lenkerberechtigung entscheidend sein können. Doch die Vision dieser "schönen neuen Welt" ist voller Schatten: Je nach Beschaffenheit des Haares ist die Speicherkapazität für Substanzen unterschiedlich, was unweigerlich große Ungerechtigkeiten nach sich ziehen würde. Haaranalysen sind außerdem teuer und ein großes Geschäft für die wenigen Labors, die die komplizierten Untersuchungen in Österreich machen könnten. Grundsätzlich fördert die genaue Betrachtung des Problems eine weitere Dimension zutage: Wollen wir wirklich von der Möglichkeit Gebrauch machen, unter Umständen dreißig bis vierzig Prozent junger Erwachsener für Delikte, die weit zurückliegen und aktuell keine Probleme machen, zu kriminalisieren?

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