Radiodoktor - Medizin und Gesundheit

Zahngesundheit in Österreich - Eine verbohrte Situation

Die zahnmedizinische Versorgung soll ausgebaut werden, sagen die Krankenkassen und der Gesundheitsminister. Auch die Zahnärzte sind dafür. Traute Einigkeit - also zumindest in diesem Punkt. Zwischen Zahnärzten und Kassen besteht nämlich eine Jahrzehnte-alte Kluft. Der geltende Vertrag zwischen beiden "Partnern" stammt noch aus dem Jahr 1957, die Zahnbehandlungstarife wurden seitdem nicht wesentlich erhöht. Für das Reißen eines Zahnes gibt es derzeit 16 Euro aufs Konto, für eine Plombe sind es 17 Euro. Die Zahnärzte beklagen diesen Hungerlohn für die Basisversorgung und wenden ein, dass sie nur überlebensfähig sind, wenn sie mit Kronen, Brücken und Co. gutes Geld verdienen. Nicht umsonst gibt es den geflügelte Satz: "Eine Sanierung Ihres Gebisses wird so viel wie ein Mittelklassewagen kosten."
Die Gebietskrankenkassen wehren sich gegen diese Vorwürfe der Zahnärzte und verharren auf dem Standpunkt, dass sie Leistungen als Gesamtpaket einkaufen und sie es sind, die für volle Ordinationen der Zahnärzte mit Kassenvertrag sorgen.
Die konfliktgeladene Situation hat sich seit Jahresbeginn noch verschärft: Denn seit Jänner 2013 dürfen die 61 Zahnambulatorien der Gebietskrankenkassen aufgrund einer Gesetzesänderung alle Leistungen anbieten, die auch die Zahnärzte offerieren - und sie tun das deutlich billiger. Also eine echte Verbesserung des Angebots auch für ärmere Bevölkerungsschichten. Ganz nach dem Motto "Niemand muss mehr wegen einer Krone nach Ungarn fahren."
Die Sache hat nur einen Haken: Bedarf und Zulauf werden wegen der schlechten Zahngesundheitsversorgung in Österreich steigen, doch weitere Behandlungsstühle oder neue Ambulatorien dürfen nur mit Zustimmung der Zahnärztekammer eingerichtet werden. Und die fürchtet die Ambulatorien als billigere Konkurrenz wie die meisten Patienten den Bohrer.
Wie soll sich da etwas bewegen in der maroden Zahngesundheitsversorgung, die sich vor allem bei Kindern bemerkbar macht, die im EU-Vergleich auffällig oft unter Karies leiden?
Wie kann mit dieser Ausgangslage das Angebot an zahnärztlicher Versorgung verbessert und gleichzeitig leistbarer gemacht werden? Diese und weitere Fragen wird Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger zusammen mit seinen Studiogästen diskutieren.

Eine Sendung von Martin Rümmele und Christoph Leprich.

Service

Prim. Dr. Ewald Niedergfall
Leitender Zahnarzt der WGKK
Beratender Chefarzt im Hauptverband der Sozialversicherungsträger
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Prof. Dr. Otmar Seemann,
Pressesprecher der Zahnärztekammer für Wien
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Info-Links:

Daten zur Zahngesundheit der Österreicherinnen und Österreicher
Standpunkt der Zahnärztekammer
"Das lange Warten auf den neuen Leistungskatalog" - Springermedizin
Zahnärztegesetz
Gesamte Rechtsvorschrift für das Zahnärztegesetz, Fassung vom 27.09.2013
Zahnbehandlungstarife in Österreich - Honorarordnung für Vertragsärzte 2012
Information über Leistungen der WGKK
"Preisvergleich für Zahnbehandlungen" - Artikel im Stern
"Wie die Krone beim Zahnarzt billiger wird" - Artikel in der Süddeutschen

Buchtipps:

Zähne - Füllungen, Kronen, Implantate, Kathrin Rupp, Manfred Tacha, Verein für Konsumenteninformation, 4. aktualisierte Ausgabe

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