Europa-Journal

Schwerpunkt Tschechien vor den Wahlen:
1. Parteienlandschaft im Umbruch
2. Die Armut im Osten
3. Die Ausbeutung der Gastarbeiter
Roma bleiben Frankreichs Sündenböcke
Moderation: Brigitte Fuchs

Schwerpunkt Tschechien vor den Wahlen:

Parteienlandschaft im Umbruch

In einer Woche, am 25. und 26. Oktober, finden in Tschechien vorgezogene Neuwahlen statt. Eines ist jetzt schon klar: Das neue Parlament wird ganz anders aussehen als das alte.
Nachdem die Mitte-Rechts-Regierung vergangenen Juni über eine Korruptionsaffäre gestürzt war, ist das rechte Lager zersplittert und geschwächt - die Demokratische Bürgerpartei ODS muss gar um ihren Einzug ins Parlament bangen. Die Sozialdemokraten werden zwar laut Umfragen mit Abstand stimmenstärkste Partei, könnten sich aber schwer tun, einen Koalitionspartner für die künftige Regierung zu finden. Ein großer Erfolg wird der neuen Partei ANO des Milliardärs Andrej Babis vorausgesagt, der in vielen Punkten an den österreichischen Neo-Politiker und Unternehmer Frank Stronach erinnert. Journalisten und Experten haben bei einer Veranstaltung in Wien die Lage in Tschechien vor der Parlamentswahl analysiert. Elisa Vass hat mit ihnen gesprochen.


Die Armut im Osten

Ostrava ist das Armenhaus Tschechiens. Hohe Arbeitslosigkeit und geringer Lebensstandard prägen die drittgrößte Stadt im tiefen Osten des Landes. Nun droht im mährisch-schlesischen Industrierevier eine Verschärfung der ohnehin prekären Situation. Tausende Arbeitsplätze sind durch die wahrscheinliche Schließung der Stahl- und Bergwerke in Gefahr. Die Gewerkschaften warnen vor der größten sozialen Katastrophe seit 1989. Nun droht das soziale Pulverfass in der Bergbauregion zu explodieren, denn viele Kumpel werden Ende nächsten Jahres ihren Job verlieren. Die Gewerkschaften rufen nach staatlicher Unterstützung für die angeschlagenen Minen und warnen vor heftigen Unruhen im Herz der Schwerindustrie des Landes. - Ein Beitrag von Stefan Heinlein


Die Ausbeutung der Gastarbeiter

Ursprünglich hatte sich der taiwanesische Elektronikkonzern Foxconn in seinen Werken in China einen höchst negativen Ruf erworben, nachdem die Arbeitsbedingungen dort Arbeiter in den Selbstmord getrieben hatten. Jetzt sorgt die Firma auch in Tschechien für negative Schlagzeilen: Gastarbeiter aus Vietnam, der Mongolei, aber auch aus den EU-Ländern Bulgarien und Rumänien klagen über extrem lange Arbeitsschichten, menschenunwürdige Unterkünfte und miserable Bezahlung. Durch die tschechischen Ausländergesetze sind viele der Arbeiter erpressbar. - Ein Beitrag von Kilian Kirchgeßner


Roma bleiben Frankreichs Sündenböcke

Vor drei Jahren hatte Frankreichs damaliger Präsident, Nicolas Sarkozy, in einer Brandrede das fahrende Volk und die in Frankreich lebenden Roma öffentlich stigmatisiert. Es folgte ein Monate langer Streit mit der EU-Kommission, die Frankreich zur Ordnung rief und unter anderem verlangte, die europäische Menschenrechtscharta zu respektieren. Inzwischen ist mit Francois Hollande ein sozialistischer Präsident an der Macht, doch das Los der knapp 20.000 in Frankreich lebenden Roma - überwiegend aus Rumänien und Bulgarien - hat sich um keinen Deut gebessert: sie leben in rund 400 Slums, fast ausschließlich konzentriert in der Umgebung der Großstädte Lille, Paris, Lyon und Marseille. Kaum eine Woche vergeht, in der nicht eines ihrer provisorischen Lager von der Polizei aufgelöst wird. Und Innenminister Valls hat die Roma jüngst auch - wie einst Nicolas Sarkozy - öffentlich an den Pranger gestellt und mit Ausweisung bedroht. - Ein Beitrag von Hans Woller

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