Gedanken für den Tag

2. Dezember 2013, 06:56

Armut in Österreich

Mehr als 200.000 Menschen in diesem Land können jetzt im Winter ihre Wohnungen nicht angemessen warm halten. Die Wände bleiben kalt. Der Heizkörper wird nie richtig warm. Die Finanzkrise mag Griechenland oder Spanien besonders stark getroffen haben. Doch auch bei uns ist die Not spürbar.

Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Wiener Obdachloseneinrichtung "Gruft" haben allein im Vorjahr mehr als 97.000 warme Mahlzeiten ausgegeben - mehr als je zuvor. Bei meinen Besuchen in der Gruft stoße ich nicht nur auf obdachlose Menschen. Ich begegne immer öfter auch Menschen, die zwar noch eine Wohnung haben, die aber am Monatsende vor der schwierigen Entscheidung stehen, ob sie essen oder heizen sollen. Für beides fehlt allzu oft das Geld. Die Not ist spürbar. Der Druck an den Rändern der Gesellschaft steigt.

Wahr ist aber auch, dass Österreich das Finanzbeben bislang deutlich besser überstanden hat als viele andere Länder. Die Jugendarbeitslosigkeit ist geringer als in Spanien, die Staatsverschuldung niedriger als in Italien. Das ist auch das Ergebnis richtiger politischer Entscheidungen und des persönlichen Engagements sehr vieler Menschen. Es ist aber auch - bei allem Bekenntnis zur Verantwortung, die jeder selbst hat - das Verdienst eines funktionierenden Sozialstaats.

Ich bin daher überzeugt: "Menschenwürde für alle" muss auch in Zukunft mehr sein als ein bloßes Schlagwort. Kein Mensch darf auf der Strecke bleiben, auch wenn der Weg steiler wird. Und es ist unsere Aufgabe zu warnen, wenn ein Sparpaket auf dem Rücken der Schwächsten droht. Der künftigen Bundesregierung möchte ich daher ins Stammbuch schreiben: Die Krise hat gezeigt, dass wir uns einen funktionierenden Sozialstaat leisten können. Was wir uns nicht leisten können, ist ohne ihn zu sein.

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Caritas Österreich

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