Dimensionen - die Welt der Wissenschaft

Die "Sklaven" vom Wienerberg
Victor Adler und die Wienerberger Ziegelarbeiter
Gestaltung: Wolfgang Slapansky

Unter dem eher unscheinbaren Titel "Die Lage der Ziegelarbeiter" hat Victor Adler am 1. Dezember 1888, also vor genau 125 Jahren, in der sozialistischen Zeitung "Gleichheit" eine aufsehenerregende Reportage veröffentlicht. Darin geht es um die Arbeits- und Lebensbedingungen der Wienerberger Ziegelarbeiter, die im Süden Wiens auf dem weitläufigen Ziegelwerk am Rande der Stadt unter extremen Bedingungen Ziegeln für die Kaiserstadt produzierten. Victor Adler, der als Arzt arbeitete, schlich sich in das Ziegelwerk ein, um sich ein Bild von der Lage der vor allem aus Böhmen und Mähren stammenden Ziegelarbeiter machen zu können. Was er vorfand, war Ausbeutung, Unternehmerwillkür und soziales Elend. Weitere Artikel in der "Gleichheit" sollten folgen. Damit machte Adler einen sozialen Brennpunkt im Wien des späten 19. Jahrhunderts öffentlich. Den Ziegelarbeitern brachte die Kampagne zunächst die Abschaffung des Trucksystems (der Lohn wurde nicht in Bargeld, sondern nur in Form von werkseigenen Kantinen-Blechmarken ausgezahlt) und nach dem Ziegelarbeiterstreik des Jahres 1895 weitere soziale Verbesserungen. Vier Wochen nach Erscheinen des ersten Artikels über die Wienerberger Ziegelarbeiter im Dezember 1888 gründete Victor Adler am Hainfelder Parteitag die Sozialdemokratische Arbeiterpartei.

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