Gedanken für den Tag

von Michael Landau, Präsident der Caritas Österreich. "Arm in Österreich". Gestaltung: Alexandra Mantler

Lampedusa

Die Burgenländer brachen auf, um andernorts ein neues Leben zu beginnen. Sie kehrten dem Land, das sie liebten den Rücken und landeten am Ende einer langen Reise in den Vereinigten Staaten von Amerika. Sie arbeiteten als Bauern und als Industriearbeiter in Städten wie New York oder Chicago. Mehr als 50.000 dieser sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge haben ihre Heimat bis Mitte des 20. Jahrhunderts verlassen. Mit dem Ergebnis, dass heute mehr Burgenländer in Chicago als in Eisenstadt leben. Sie wurden Teil der amerikanischen Erzählung. Die USA waren damals, was Europa heute ist: Ein Sehnsuchtsort für jene, die keine Perspektiven sehen - die unter Krieg, Verfolgung oder unterdrückender Armut leiden.

Wie groß diese Sehnsucht ist, wird vor der italienischen Insel Lampedusa auf tragische Art und Weise deutlich. In den vergangenen 25 Jahren ertranken hier 20.000 Menschen bei dem Versuch, Europa zu erreichen. Papst Franziskus warnt angesichts dieses unvorstellbaren Leids vor einer "globalisierten Form der Gleichgültigkeit". Wer weint um diese Menschen? Wo bleibt die Empörung über diese humanitäre Bankrotterklärung? Es geht nicht darum, allen in Europa Tür und Tor zu öffnen. Es geht um ein Mehr an Menschlichkeit. In einer Welt, die als globales Dorf beschrieben wird, kann man Nächstenliebe nicht delegieren. In einem solchen Dorf grenzt Lampedusa auch an Österreich.

Von den burgenländischen Nachfahren, die heute in den USA leben, heißt es übrigens, dass sie ein reges Vereinsleben pflegen würden. Von Sport- und Gesangsvereinen ist die Rede. Einer von ihnen meinte in einem Interview: "Viele Auswanderer sind Amerikaner geworden, aber Burgenländer geblieben." Ein Wort, das vielleicht auch jene Gelassenheit zum Ausdruck bringt, die in den laufenden, oft hysterisch geführten Migrationsdebatten hilfreich sein könnte.

Service

Caritas Österreich

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Erik Satie/1866 - 1925
Gesamttitel: HENRY & JUNE / Original Filmmusik
Titel: Je te veux - Walzer für Klavier
Solist/Solistin: Jean Pierre Armengaud /Klavier
Länge: 02:20 min
Label: Varese Sarabande VSD 5294

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