Radiokolleg - Alles nur geklaut

Plagiate in der Musik (3).
Gestaltung: Barbara Zeithammer

Was verbindet Franz Liszt und Frank Sinatra, Charles Gounod und Johann Sebastian Bach? Was haben Clementi und Mozart gemeinsam oder die Doors und die Kinks? Ganze Melodien, kurze Tonfolgen, einzelne Takte, Noten, Klangfetzen - Charles Gounod hat bei Bach geklaut, die Beach Boys bei Chuck Berry, George Harrison bei den Chiffons. Die Liste ist lang, die Namen sind bekannt: Michael Jackson, Madonna und Coldplay, Katy Perry und Prince - sie alle haben es getan: Sie haben unerlaubt Musikmaterial von anderen in ihren Songs verwendet.

In der Popmusik gehören Plagiate heute beinahe zum Alltag, doch Komponist/innen haben es immer schon getan: Jahrhundertelang war es üblich und mitunter sogar eine Auszeichnung für den Komponisten, Musikstücke teilweise zu kopieren, zu verändern, weiter zu ver- und bearbeiten. Während Wolfgang Amadeus Mozart das nicht weiter gestört haben soll, äußerte sich Ludwig van Beethoven sehr erbost über diese Praxis. Manchmal wurde das neue Stück erfolgreicher als das Original; bei manchen Songs reklamieren mehrere Komponisten die Urheberschaft für sich.

Im Vergleich zu anderen Kunstformen wurde das Urheberrecht in der Musik erst relativ spät zum Thema. Kommt es zu einem Gerichtsprozess, wird er medienwirksam und mitunter jahrelang geführt. Sogenannte Doppelschöpfungen - unbewusste Ähnlichkeiten - müssen ausgeschlossen werden. Häufig einigen sich die Parteien aber außergerichtlich oder der/die eigentliche Schöpfer/in wird als Co-Komponist/in aufgeführt und verdient an CD-Verkäufen mit.

Ab wann aber ist ein Plagiat ein Plagiat? Können bereits "kleinste Tonfetzen" genügen und das Urheberrecht wurde verletzt? Was unterscheidet Sample, Soundalike, Cover, Remix und das echte Plagiat und was ist ausschlaggebend dafür, dass man eine Melodie wiedererkennt? So eindeutig, wie man meinen möchte, sind diese Fragen nicht immer zu beantworten: Es gibt auch Songs, die einander nur scheinbar ähnlich sind.

Wissenschafter/innen unter anderem am Fraunhofer Institut für Digitale Medientechnologie entwickeln Computerprogramme, die Plagiate in der Musik erkennen sollen. Bei jedem Musikvideo, das auf die Internetplattform YouTube hochgeladen wird, kommt eine solche Software zum Einsatz. Umgekehrt wäre ein solches Computerprogramm in Zukunft wohl auch dafür geeignet, eine Art "Fingerabdruck" von Komponist/innen zu erstellen und somit bisher unsichere Werke Komponist/innen zuzuordnen.

Service

Interviewpartner:

Johannes Kretz, Komponist, Leiter des Instituts für Komposition und Elektroakustik der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien

Walter Werzowa, Musikproduzent und Komponist, Inhaber von Musikvergnügen in Hollywood, Los Angeles

Peter Kaizar, Komponist, unter anderem für: Rundfunk, Hörspiel, Film, Fernsehen, Theater und Werbung

Albrecht Haller, Jurist, spezialisiert auf Urheberrecht, Markenrecht, Medienrecht in Wien

Markus Spiegel, Musikproduzent

Daniel Müllensiefen, Musikwissenschafter, Senior Lecturer am Departement of Psychology, Goldsmith College, University of London

Peter Revers, Komponist, Professor für Musikgeschichte an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Graz


Weiterführende Informationen:

Who Sampled - Englischsprachige Datenbank zu Samples, Covers und Zitaten

Links zu Datenbanken und eine umfangreiche Liste mit zahlreichen direkten Beispielen der Übernahmen von Klassischen Stücken

Substantially Similar? Das Plagiat aus Sicht des Verhältnisses von Musik und Recht. Von Frédéric Döhl, Pop-Zeitschrift

Coverinfo - Deutschsprachige Datenbank mit Informationen über Coverversionen

Coverversionen und Originale

Jamendo - freie Musik

CC Mixter - Community mit Musik unter CC-Lizenzen

MusOpen - gemeinfreie Einspielungen vor allem klassischer Musik

Homepages:

Felix Reuter

Johannes Kretz

Cordula Bösze

Albrecht Haller

Peter Revers, Kunstuni Graz

Daniel Müllensiefen

Musikgutachten, Daniel Müllensiefen, Klaus Frieler

Robert Draxler - drex-records

Walter Werzowa - Musikvergnügen

Sendereihe

Gestaltung

  • Barbara Zeithammer

Playlist

Komponist/Komponistin: Stevie Wonder
Gesamttitel: SONG REVIEW - A GREATEST HITS COLLECTION / STEVIE WONDER
Titel: Happy birthday
Solist/Solistin: Stevie Wonder
Länge: 01:27 min
Label: Motown 5307572

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach
Album: JOHANN SEBASTIAN BACH: VIOLINKONZERTE, PSALM 51, KANTATE 182 - Ars Antiqua Austria/Gunar Letzbor
* Allegro - Adagio - Allegro - 1.Satz (00:07:48)
Titel: Konzert für Violine, Streicher und B.c. in E-Dur BWV 1042
Violinkonzert
Ausführende: Ars Antiqua Austria
Solist/Solistin: Gunar Letzbor /Violine und Leitung
Länge: 01:17 min
Label: Pan Classics PC10277 (2 CD)

Komponist/Komponistin: Tobias Künzel
Album: ALLES NUR GEKLAUT
Titel: Alles nur geklaut (A cappella Mix)
Ausführende: Die Prinzen /Gesang
Länge: 00:28 min
Label: BMG Hansa 74321164352

weiteren Inhalt einblenden