Radiokolleg - Alles nur geklaut
Plagiate in der Musik (3).
Gestaltung: Barbara Zeithammer
19. März 2014, 09:45
Was verbindet Franz Liszt und Frank Sinatra, Charles Gounod und Johann Sebastian Bach? Was haben Clementi und Mozart gemeinsam oder die Doors und die Kinks? Ganze Melodien, kurze Tonfolgen, einzelne Takte, Noten, Klangfetzen - Charles Gounod hat bei Bach geklaut, die Beach Boys bei Chuck Berry, George Harrison bei den Chiffons. Die Liste ist lang, die Namen sind bekannt: Michael Jackson, Madonna und Coldplay, Katy Perry und Prince - sie alle haben es getan: Sie haben unerlaubt Musikmaterial von anderen in ihren Songs verwendet.
In der Popmusik gehören Plagiate heute beinahe zum Alltag, doch Komponist/innen haben es immer schon getan: Jahrhundertelang war es üblich und mitunter sogar eine Auszeichnung für den Komponisten, Musikstücke teilweise zu kopieren, zu verändern, weiter zu ver- und bearbeiten. Während Wolfgang Amadeus Mozart das nicht weiter gestört haben soll, äußerte sich Ludwig van Beethoven sehr erbost über diese Praxis. Manchmal wurde das neue Stück erfolgreicher als das Original; bei manchen Songs reklamieren mehrere Komponisten die Urheberschaft für sich.
Im Vergleich zu anderen Kunstformen wurde das Urheberrecht in der Musik erst relativ spät zum Thema. Kommt es zu einem Gerichtsprozess, wird er medienwirksam und mitunter jahrelang geführt. Sogenannte Doppelschöpfungen - unbewusste Ähnlichkeiten - müssen ausgeschlossen werden. Häufig einigen sich die Parteien aber außergerichtlich oder der/die eigentliche Schöpfer/in wird als Co-Komponist/in aufgeführt und verdient an CD-Verkäufen mit.
Ab wann aber ist ein Plagiat ein Plagiat? Können bereits "kleinste Tonfetzen" genügen und das Urheberrecht wurde verletzt? Was unterscheidet Sample, Soundalike, Cover, Remix und das echte Plagiat und was ist ausschlaggebend dafür, dass man eine Melodie wiedererkennt? So eindeutig, wie man meinen möchte, sind diese Fragen nicht immer zu beantworten: Es gibt auch Songs, die einander nur scheinbar ähnlich sind.
Wissenschafter/innen unter anderem am Fraunhofer Institut für Digitale Medientechnologie entwickeln Computerprogramme, die Plagiate in der Musik erkennen sollen. Bei jedem Musikvideo, das auf die Internetplattform YouTube hochgeladen wird, kommt eine solche Software zum Einsatz. Umgekehrt wäre ein solches Computerprogramm in Zukunft wohl auch dafür geeignet, eine Art "Fingerabdruck" von Komponist/innen zu erstellen und somit bisher unsichere Werke Komponist/innen zuzuordnen.
Service
Interviewpartner:
Johannes Kretz, Komponist, Leiter des Instituts für Komposition und Elektroakustik der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien
Walter Werzowa, Musikproduzent und Komponist, Inhaber von Musikvergnügen in Hollywood, Los Angeles
Peter Kaizar, Komponist, unter anderem für: Rundfunk, Hörspiel, Film, Fernsehen, Theater und Werbung
Albrecht Haller, Jurist, spezialisiert auf Urheberrecht, Markenrecht, Medienrecht in Wien
Markus Spiegel, Musikproduzent
Daniel Müllensiefen, Musikwissenschafter, Senior Lecturer am Departement of Psychology, Goldsmith College, University of London
Peter Revers, Komponist, Professor für Musikgeschichte an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Graz
Weiterführende Informationen:
Who Sampled - Englischsprachige Datenbank zu Samples, Covers und Zitaten
Links zu Datenbanken und eine umfangreiche Liste mit zahlreichen direkten Beispielen der Übernahmen von Klassischen Stücken
Substantially Similar? Das Plagiat aus Sicht des Verhältnisses von Musik und Recht. Von Frédéric Döhl, Pop-Zeitschrift
Coverinfo - Deutschsprachige Datenbank mit Informationen über Coverversionen
Coverversionen und Originale
Jamendo - freie Musik
CC Mixter - Community mit Musik unter CC-Lizenzen
MusOpen - gemeinfreie Einspielungen vor allem klassischer Musik
Homepages:
Felix Reuter
Johannes Kretz
Cordula Bösze
Albrecht Haller
Peter Revers, Kunstuni Graz
Daniel Müllensiefen
Musikgutachten, Daniel Müllensiefen, Klaus Frieler
Robert Draxler - drex-records
Walter Werzowa - Musikvergnügen
Sendereihe
Gestaltung
- Barbara Zeithammer
Playlist
Komponist/Komponistin: Stevie Wonder
Gesamttitel: SONG REVIEW - A GREATEST HITS COLLECTION / STEVIE WONDER
Titel: Happy birthday
Solist/Solistin: Stevie Wonder
Länge: 01:27 min
Label: Motown 5307572
Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach
Album: JOHANN SEBASTIAN BACH: VIOLINKONZERTE, PSALM 51, KANTATE 182 - Ars Antiqua Austria/Gunar Letzbor
* Allegro - Adagio - Allegro - 1.Satz (00:07:48)
Titel: Konzert für Violine, Streicher und B.c. in E-Dur BWV 1042
Violinkonzert
Ausführende: Ars Antiqua Austria
Solist/Solistin: Gunar Letzbor /Violine und Leitung
Länge: 01:17 min
Label: Pan Classics PC10277 (2 CD)
Komponist/Komponistin: Tobias Künzel
Album: ALLES NUR GEKLAUT
Titel: Alles nur geklaut (A cappella Mix)
Ausführende: Die Prinzen /Gesang
Länge: 00:28 min
Label: BMG Hansa 74321164352