Radiodoktor - Medizin und Gesundheit

Krankheit durch Armut - Armut durch Krankheit

Rund 1,2 Millionen Menschen leben in Österreich in ärmlichen Verhältnissen. Fast eine halbe Million sogar in manifester Armut. Das bedeutet, dass sie es sich nicht leisten können neue Kleidung zu kaufen, jeden zweiten Tag Fleisch, Fisch oder eine vergleichbare vegetarische Speise zu essen oder im Winter die Wohnung warm zu halten. Vielen ist es nicht einmal möglich, einmal im Monat Verwandte oder Freunde zum Essen zu sich einzuladen.
Ein Paar mit zwei Kindern gilt offiziell dann als armutsgefährdet, wenn es pro Monat inklusive Familienbeihilfe und sonstiger sozialer Unterstützung mit einem Nettoeinkommen von 2.289 Euro auskommen muss. Wobei der Begriff "armutsgefährdet" irreführend ist. Der Großteil dieser Familien ist schlichtweg arm. Und diese Armut macht krank. Etwa, weil die betroffenen Menschen in feuchten, von Schimmelpilz befallenen Wohnungen leben, weil sie in einer Gegend mit viel Verkehr wohnen oder weil sie sich gesunde Ernährung nicht leisten können etc. Aber auch Krankheit kann arm machen. So zum Beispiel wenn man wegen eines Burn-Outs oder einer anderen psychischen Erkrankung nur mehr wenige Stunden in der Woche arbeiten kann und das Einkommen die Lebenskosten einfach nicht deckt.
Nach wie vor haben 100.000 Menschen, die in Österreich leben, keine Krankenversicherung und damit auch keinen Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem.
Betroffen sind vor allem Menschen, die um Asyl angesucht haben, aber nicht in einem Asylheim bleiben möchten, weil sie zum Beispiel lieber bei Verwandten wohnen oder studieren wollen.
Aber selbst Österreichern kann es passieren, dass sie ohne Versicherung dastehen. So besonders den neuen Selbständigen, die um ihre Existenz kämpfen und die monatliche Zahlung für die Krankenversicherung nicht aufbringen können.
Die Statistik zeigt klar: Arme Menschen benötigen im Alter früher Pflege und haben ein höheres Sterberisiko. So sterben Männer mit Pflichtschulabschluss im Schnitt sechs Jahre früher als Männer mit hohem Bildungsgrad.

Dieses Mal diskutiert Radiodoktor Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz mit Expertinnen und Experten über die negativen, gesundheitlichen Auswirkungen von Armut. Und über die längst überfälligen Maßnahmen, die 1,2 Millionen Menschen in Österreich aus der Armutsfalle retten können.

Eine Sendung von Mag.a Dominique Stiefsohn.

Redaktion: Dr. Christoph Leprich

Service

Mag.a Verena Fabris (Expertin für Sozialpolitik, Volkshilfe Österreich)
OA Dr. Ignaz Hochholzer (Facharzt für Innere Medizin und Priester, Barmherzige Brüder - Krankenhaus Wien)
DSA Carina Spak (Sozialarbeiterin und Leiterin von AmberMed)

AmberMed (eine Einrichtung der Diakonie und des Roten Kreuzes - feiert heuer sein 10jähriges Bestehen)
AmberMed
Diakonie Österreich
Neunerhaus - Hilfe für obdachlose Menschen

Caritas Wien: Louise-Bus
Tel:+43/1/479 23 94
Macht wochentags an verschiedenen Orten in Wien Station - kostenlose medizinische Betreuung
Louise-Bus
neunerhaus Zahnarztpraxis (Zahnarztpraxis für obdachlose Menschen in Wien)
Einrichtungen der Vinzenzgemeinschaft


Auswahl an Krankenanstalten, die niederschwellig auch nicht versicherten Personen Hilfe bieten:

Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien
Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Graz
Allgemeines öffentliches Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Linz
Allgemeines-Öffentliches Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in St. Veit an der Glan
Allgemeines Öffentliches Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Eisenstadt
Allgemeines Öffentliches Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Salzburg
Marien-Ambulanz (der Caritas)

Zahlen der Statistik Austria zu Armut in Ö und der EU
Aktionsplan der Armutskonferenz, zum Downloaden
Bericht der Armutskonferenz 2014
Radiodoktor-Infomappe "Marinko muss warten - Benachteiligte Patientengruppen im Gesundheitswesen

Nikolaus Dimmel, Martin Schenk, Christine Stelzer-Orthofer (Hrsg.), "Handbuch Armut in Österreich", StudienVerlag 2014

Kathrin Hartmann, "Wir müssen leider draußen bleiben: Die neue Armut in der Konsumgesellschaft", Karl Blessing Verlag 2012

Stefan Selke, "Schamland: Die Armut mitten unter uns", Econ Verlag 2013

Susanne Kümpers, Josefine Heusinger, "Autonomie trotz Armut und Pflegebedarf?: Altern unter Bedingungen von Marginalisierung", Verlag Huber 2012

Sendereihe