Gedanken für den Tag

von Helga Rabl-Stadler, Präsidentin der Salzburger Festspiele und frühere Journalistin. "Unerschrocken der Macht mit Macht zu begegnen ..." - Zum 20. Internationalen Tag der Pressefreiheit. Gestaltung: Alexandra Mantler

Die Gedanken für den Tag sind für mich ein besinnliches Innehalten im morgendlichen Staccato. Davor lese ich so viel Zeitung wie möglich, danach sind die Morgenjournale ein Muss. Im Büro angekommen ist der Griff zu den Zeitungen auch hier ein Reflex. Ein Tag ohne Zeitungen ist für mich selbst im Urlaub nur schwer zu ertragen. Offensichtlich fühlen viele wie ich. Laut Media Analyse 2013 lesen 5.190.000 Österreicherinnen und Österreicher täglich eine Zeitung, was einer Reichweite von 71,8 Prozent entspricht.

Das klingt für die Zukunft der Zeitungen recht beruhigend und doch sind die Nachrichten aus der Branche alarmierend. Inseratenschwund und Internet setzen den klassischen Medien zu. Allmonatlich erreichen uns Meldungen vom Zeitungssterben. "The vanishing newspaper" - "Die verschwindende Zeitung" menetekelte schon 2004 der amerikanische Autor Philip Meyer. Er prophezeite für die Zeitung in gedruckter Form: "1603 geboren im Elsass, 2043 gestorben" - nur den Ort des Begräbnisses 3. Klasse ließ er noch im Dunkeln. Und Michael Fleischhacker nannte sein jüngstes Buch gar radikal "Die Zeitung, Ein Nachruf".

Fernsehen und Zeitungen teilen dasselbe Schicksal: Sie treffen als Anbieter begrenzter Inhalte auf begrenzten Transportkanälen zu begrenzten Zeiten nicht mehr die Bedürfnisse ihrer Konsumenten - denn die sind gewohnt im Internet alles und sofort zu erfahren.

Weil ich nicht erleben möchte, dass diese düsteren Prophezeiungen wahr werden, unterstütze ich jene Gruppe von Spiegel-Redakteuren, die eine Debatte initiiert hat: "Diese soll den Lesern klar machen, wie dramatisch die Lage der Zeitungen ist und dass sie etwas verlieren können, was sie vermissen werden, wenn es verschwunden ist." Um es mit Schopenhauer zu sagen: "Meistens belehrt erst der Verlust uns über den Wert der Dinge."

Service

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Erik Satie/1866 - 1925
Album: ERIK SATIE: WERKE FÜR KLAVIER
* Modere - Nr.2 (00:03:09)
Titel: Trois gnossiennes - für Klavier
drei
Solist/Solistin: Aldo Ciccolini /Klavier
Länge: 02:00 min
Label: EMI Classics 2530702

weiteren Inhalt einblenden